Hier reparieren sie die Folgen des Bahn-Unfalls
Aufräumarbeiten am Schweinauer Unglücks-Gleis: Trotz des Baulärms Freude sich die Anwohner über die neue „Idylle“ – und hoffen auf die Schallschutzmauer
NÜRNBERG Mit stählernen Zähnen frisst sich der Bagger durchs Gleisbett, reißt Stahlschienen aus dem Boden, als wären sie Teil einer Modell-Eisenbahn. Mit einem riesigen Pressluftschrauber wuchten drei Bauarbeiter mächtige Schrauben aus ihrer Verankerung, die zentnerschwere Betonschwellen fixiert hatten.
Und gleich nebenan liegt Marianne Köppel (57) ganz entspannt in ihrem Liegestuhl und freut sich über die „Idylle“, die in ihrem Schrebergarten Einzug gehalten hat. Denn der Baulärm – ein Brüllen, Dröhnen und Hämmern – „ist nichts“ im Vergleich zu den vorbeipolternden Güterzügen, die über 30 Jahre lang den Soundtrack zur Sommerfrische der Familie Köppel geliefert hatten. Im 15-Minuten-Takt ging jedes Gespräch, jedes Kinderlachen in ohrenbetäubendem Getöse unter.
Seit dem 7. August ist es damit vorbei: Das Unglück an der Schweinauer Bahnstrecke, als ein Güterzug entgleiste, 14 von 24 Waggons aus der Schiene sprangen, und wie durch ein Wunder kein Mensch verletzt wurde, machte erstmal Schluss mit der Ruhestörung.
„Die Angst steckt in uns drin"
Am Mittwoch begannen die Aufräumarbeiten. Die Bahn hat drei Firmen engagiert, eine zum Aufreißen, eine für den Abtransport des Schutts und eine zur Absicherung des Arbeitsplatzes: Schließlich darf auf den Gleisen nebenan der Güter- und Pesonenverkehr nicht zum Erliegen kommen.
Die Aufräumtrupps sind noch zwei Tage vor Ort, bald soll das Gleis repariert werden – wann es mit der „himmlischen Ruhe“ in Köppels’ Schrebergarten wieder vorbei ist, ist ungewiss. Aber vielleicht bleibt es ruhig – auch wenn die Züge wieder vorbeipreschen. Denn einige Anwohner fordern schon seit Jahren eine Schallschutzmauer entlang der Strecke. Auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Martin Burkert nimmt sich im Wahlkampf der lärmgeplagten Anrainer an. Während Frau Köppel „nicht so recht weiß“, ob sie die Forderung unterstützen soll – „dann schauen wir ja den ganzen Tag auf eine Wand“ –, wollen ihre Nachbarn die Mauer: „Als der Zug entgleiste, war mein Jason direkt daneben unterwegs zur Oma, die ein paar Häuser weiter wohnt“, berichtet Jacqueline Z. Ein geistesgegenwärtiger Sprung zur Seite rettete dem Neunjährigen das Leben. Eine Mauer, so hofft die besorgte Mutter, würde nicht nur den Lärm abhalten, sondern auch einen entgleisenden Güterzug abbremsen. Denn „die Angst, die steckt in uns drin.“
Steffen Windschall
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