Hier lagert die Hoffnung für Krebs-Patienten

Erlanger Ärzte retten mit Stammzellen aus Nabelschnur-Blut das Leben vieler Todkranker.
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Dicht an dicht lagern die Kassetten in Boxen in dem silbernen Behälter. In dem ist es durch gasförmigen Stickstoff bis zu minus 180 Grad kalt.
dpa 2 Dicht an dicht lagern die Kassetten in Boxen in dem silbernen Behälter. In dem ist es durch gasförmigen Stickstoff bis zu minus 180 Grad kalt.
So sieht sie aus, die Kassette mit Stammzellenkonzentrat. Es wird aus dem Blut der Nabelschnur gewonnen und tiefgekühlt.
dpa 2 So sieht sie aus, die Kassette mit Stammzellenkonzentrat. Es wird aus dem Blut der Nabelschnur gewonnen und tiefgekühlt.

Erlanger Ärzte retten mit Stammzellen aus Nabelschnur-Blut das Leben vieler Todkranker.

ERLANGEN Wenn Volker Weisbach auf die Leiter klettert und den Deckel des Edelstahltanks öffnet, wabert ihm weißer Nebel aus der Öffnung entgegen. Wer den Dampf wegpustet, kann einen Blick auf armlange Gestelle erhaschen. In ihnen stecken geordnet und durchnummeriert die Stammzellen von 2500 neugeborenen Kindern, gewonnen aus Nabelschnurblut – und die große Hoffnung für viele Krebs-Patienten. Weisbach ist der zuständige Oberarzt für die Stammzellenbank der Universität Erlangen-Nürnberg, einer von bundesweit fünf Einrichtungen dieser Art.

„Nabelschnurblut ist viel zu schade, um es wegzuschmeißen“, betont Reinhold Eckstein, Leiter der Transfusionsmedizinischen Abteilung der Klinik. Denn die blutbildenden Stammzellen aus dem Nabelschnurblut können als Spende Leben retten. Etwa bei Leukämie, dem Blutkrebs, aber auch bei anderen seltenen Bluterkrankungen.

Die Spender-Suche ist schwer. „Die Wahrscheinlichkeit bei Geschwistern ist 25 Prozent, das es passt. Bei Unverwandten 1:50000, im ungünstigsten Fall bei 1:20 Millionen, wenn man einer ethnischen Minderheit angehört“, erklärt Eckstein.

Deshalb gilt: Je mehr Menschen sich registrieren lassen, desto größer ist die Chance der Erkrankten, dass in den Datenbanken ein passender Spender gefunden wird.

„Der Vorteil der Stammzellen aus Nabelschnurblut ist, dass die Vitalität der Zellen im Laufe des Lebens abnimmt und diese noch am lebendigsten sind“, schildert Weisbach. Dazu ist das Immunsystem des Neugeborenen noch nicht voll ausgereift, so dass nach der Transplantation von Nabelschnurblut ein geringeres Abstoßungsrisiko besteht als bei Stammzellen Erwachsener.

Stammzellen sind der Ursprung aller Zellen, aus denen ein Mensch besteht. Sie sind die einzigen Zellen, die sich asymmetrisch teilen können – in eine neue Stammzelle sowie in eine Vorläuferzelle, aus denen dann etwa Muskel-, Knorpel- oder Hautzellen werden. Während sich normale Zellen immer in zwei identische Kopien teilen, erneuern Stammzellen sich somit selbst und bilden die Grundsubstanz für den ganzen Körper – das macht sie für die Wissenschaft so interessant.

„Jetzt kann man sich vorstellen, dass aus Stammzellen nicht nur Knochenmark regeneriert werden kann, sondern auch andere Zellen gezüchtet werden können“, erläutert Weisbach. Derzeit gebe es in Tierversuchen erste Studien bei kindlichem Diabetes, Autoimmunerkrankungen oder Hirnschäden. In fernerer Zukunft könnten kranke Organe nachgezüchtet werden.

Die Hoffnung darauf ist manchen Eltern 2500 Euro wert – sie lassen das Nabelschnurblut ihres Kindes gezielt einfrieren, damit dem Nachwuchs im Krankheitsfall die eigenen Stammzellen zur Verfügung stehen. Die meisten der Blutbeutel in den silbernen Tanks sind jedoch für die Allgemeinheit bestimmt.

Nach der Geburt wird das Blut aus der Nabelschnur entnommen, mehr als 570 Kliniken in Deutschland beherrschen das Verfahren. In der Stammzellenbank wird es in seine Bestandteile zerlegt - nur die weißen Blutkörperchen und mit ihnen die Stammzellen werden auf 170 Grad tiefgefroren. Drei Viertel der Zellen überleben die Prozedur. Die Zeitdauer, die die Proben in den mehrfach temperaturgesicherten Tanks lagern, ist unerheblich.

„Wir haben jetzt eine Lagerkapazität von 15000 Präparaten, werden aber wohl im nächsten Jahr erweitern müssen“, berichtet Eckstein – so groß ist die Nachfrage nach einem Platz in den vier Tanks. Wie passend, dass die Stammzellenbank auf dem Gelände der Erlanger Uniklinik ausgebaut werden kann: Labor, Tanks und Pausenraum sind in verstellbaren Containern untergebracht. Elke Richter

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