Hier erobern sie ihre Schule vom Grauen zurück!
Nach dem Amoklauf: Am Ansbacher Carolinum beginnt jetzt die Rückkehr zur Normalität. Georg R. (18) wurde der Haftbefehl eröffnet – er äußerte sich nicht.
ANSBACH Fünf Tage nach dem Amoklauf am Ansbacher Gymnasium Carolinum bemüht sich die Schulleitung seit gestern um eine Rückkehr vom Grauen zur Normalität. Die Lehrer boten wieder regulären Unterricht an, allerdings nur in den ersten vier Stunden. Fast alle 700 Schüler – bis auf ein paar Erkrankte – kamen am Morgen in ihre Klassen. Für morgen plant die Schule einen Wandertag.
Um zu verhindern, dass Journalisten den direkten Kontakt zu betroffenen Schülern suchen, blieb das am Rande der Innenstadt gelegene Schulgebäude weiter abgesperrt. Polizisten schirmten die Mädchen und Jungen ab. Die Staatsanwaltschaft präsentierte unterdessen dem Amokläufer im Beisein seines Pflichtverteidigers den Haftbefehl wegen versuchten Mordes. Georg R., der einen Lehrer und neun Schüler verletzt hatte, war am Vortag aus dem Koma erwacht. Er äußerte sich nicht.
Der 18-Jährige war mit fünf Molotow-Cocktails, Messern und einem Beil in seine Schule gestürmt und hatte Brandsätze in zwei Klassenzimmer geworfen; dann schlug er mit der Axt auf die fliehenden Schüler ein und verletzte dabei die 15-jährigen Freundinnen Mareike und Annika schwer. Georg R. war danach von Polizisten mit drei Schüssen auf einer Schultoilette niedergestreckt worden. Bei der Tat hatte er offensichtlich seinen eigenen Tod einkalkuliert.
Ein Notfallseelsorger berichtete von einer Art „Aufbruchstimmung“ unter den Schülern. Für die Kinder und Jugendlichen sei nun wichtig, dass der Schulalltag wieder beginne. Kinder bräuchten Halt, und den biete der Alltag, sagte der Seelsorger.
„Aufbruchstimmung“ unter den Schülern
Um die Schüler bei der Aufarbeitung des Amoklaufs zu unterstützen, bietet das Gymnasium einen Raum der Stille an. Dorthin könnten sie sich zurückziehen. Der Notfallseelsorger schilderte, dass die Jugendlichen von dem Angebot regen Gebrauch machen. Während einige sich schweigend in dem Raum aufhielten, säßen andere in Gruppen beieinander, umarmten sich und redeten miteinander. Einige nutzten auch eine Pinnwand, um dort selbstverfasste Texte anzuheften.
Gestern wurde bekannt, dass ihr Mitschüler Johannes Knoblach, der „Held von Ansbach“, für seinen Einsatz während des Amoklaufes mit der Medaille für Verdienste um die innere Sicherheit ausgezeichnet werden soll.
In Ingolstadt forderte unterdessen die Deutsche Polizeigewerkschaft Konsequenzen. Der Landesvorsitzende Hermann Benker erklärte, nach jedem Amoklauf gebe es ein fast gleichartiges Ritual. Erst Erschütterung und Empörung, dann Forderungen und hektischer Aktionismus, sagte er. Bis zum nächsten Ereignis passiere dann gar nichts.
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