Herzlos: Pfarrer will totes Baby nicht beerdigen!
Franken: Dreieinhalb Wochen vor der Geburt starb das Wunschkind Cassandra im Bauch ihrer Mutter.
KLEINSENDELBACH Cassandra war ein Wunschkind. Ihr Babyzimmer war schon fertig, die ganze Familie fieberte der Geburt des Mädchens entgegen. Die Kleine Alina freute sich auf eine Schwester. Nur noch dreieinhalb Wochen...
Doch kurz nach einer Schwangerschaftsvergiftung spürte Franziska D. (28) aus Kleinsendelbach (Kreis Forchheim) das Baby nicht mehr – es war tot. Ein unvorstellbares Drama für eine Familie. Doch es kam noch schlimmer: Der zuständige katholische Pfarrer weigerte sich Cassandra zu beerdigen. Die haarsträubende Begründung für die trauernden Eltern: „Das Kind ist nicht getauft.“
Die Eltern wünschten sich eine kirchliche Beerdigung
Doch tote Kinder werden nicht mehr getauft. Aber ab einem Gewicht von 500 Gramm müssen Babys laut Gesetz bestattet werden. Das stand auf einem lieblosen Zettel, der Franziska D. in der Klinik noch in die Hand gedrückt worden war. Cassandra wog fast 2700 Gramm. Ihre Eltern wünschten sich eine kirchliche Beerdigung. Hatte der Pfarrer das Recht, sie abzulehnen?
Dekan Josef Dobeneck vom Erlanger Dekanat verneint gegenüber der Erlanger Nachrichten: „In der katholischen Kirche werden Kinder immer christlich bestattet. Egal ob getauft oder nicht, wenn das die Eltern wünschen.“ Auch aus seelsorgerischer Sicht sei der Fall sehr unglücklich gelaufen. „Gerade in dieser Situation muss man sehr feinfühlig damit umgehen.“
Der Geistliche lehnte ein Gesräch mit der Mutter ab
Die Familie jedoch erfuhr das Gegenteil: Zwar entschied sich der Geistliche kurz nach der Ablehnung doch anders – weigerte sich aber, etwas Persönliches zu sprechen. „Das Kind hat nicht gelebt, da gibt es nichts Persönliches zu sagen.“ Auch ein Gespräch mit der Mutter habe er abgelehnt. „Er wollte nur den Namen haben und die Sterbeurkunde“, erinnert sich Schwiegermama Mechthild H.
Noch immer weiß die Familie nicht, warum Cassandras Herz plötzlich aufhörte zu schlagen. Die Ergebnisse der Obduktion stehen noch aus. Sicher ist, dass Franziska D. kurz zuvor eine Schwangerschaftsvergiftung – eine für Mutter und Kind gefährliche Stoffwechselstörung – hatte. „Hätte man das Baby geholt – die Kleine würde leben“, glaubt Mechthild H.
Ein Pfarrer aus der Nachbargemeinde beerdigte das Baby
Sie hat ein Foto von Cassandra: ein süßes kleines Mädchen mit schwarzen Haaren, die Händchen sind zu Fäusten geballt. Es sieht aus, als ob sie schläft. Zwei Tage hatte Franziska D. in der Klinik Zeit, um sich von ihrem Baby zu verabschieden, nachdem sie trotz eingeleiteter Geburt noch einen Notkaiserschnitt über sich ergehen lassen musste. Nach stundenlanger Quälerei hielt sie ihr zweites – totes – Kind im Arm.
Ein Pfarrer aus einer Nachbargemeinde sprang schließlich für den Kollegen ein. Er verteidigt ihn: „Er hat dumm reagiert. Aber es war eine schwierige Situation. Vermutlich hat er im ersten Moment gar nicht verstanden, um was es geht.“
Gestern besuchte die Familie das Kindergrab: Weiße Engel, ein Schneemann, zwei Blumenschalen und ein Gesteck liegen darauf. Auf dem schlichten Kreuz steht nur ein Datum: 22.09.2009. Der Geburts- und Todestag von Cassandra. Andrea Uhrig
- Themen:
- Katholische Kirche