Hat sie gebissen hat oder nicht? Eine Katze vor Gericht

Ingolstadt - Die Liste der ungelösten Kriminalfälle muss um eine Position erweitert werden: Wer am 9. Januar um 18.30 Uhr abends in Großmehring Hausfrau Elke W. ansprang und heftig in den Oberschenkel biss, blieb gestern vor dem Landgericht Ingolstadt ungeklärt.
Die Verdächtige wurde in einem abgedunkelten Korb unerkannt wieder nach Hause transportiert. Es ist eine Katze.
Mehrere Kamerateams und Fotografen hätten gerne das Konterfei der zweieinhalbjährigen schwarz-weißen Mieze abgelichtet, die wohl zum ersten Mal in der Geschichte des Landgerichts als "Beweismittel" geladen worden war, doch Frauchen Marina E. ließ den Katzenkorb verhängt. Nicht mal den Namen ihres Stubentigers wollte sie verraten, nur so viel: "Sie hat noch nie jemanden gebissen".
Erbarmungsloser Angriff auf Nachbarin?
Ihre Nachbarin Elke W. sieht das anders. Sie zeigte sich in dem Schadensersatzprozess hundertprozentig überzeugt, dass es E.’s Katze war, die an jenem kalten Januarabend erbarmungslos zugeschlagen hat. Die Katze sprang W. an, verbiss sich in Sekundenbruchteilen ohne jede Vorwarnung in ihrem Oberschenkel und als das Opfer aufschrie, verschwand sie blitzartig.
Der Katzenbiss hatte üble Folgen: Die Wunde entzündete sich. Das Opfer bezifferte die Zahl der Arzt- und Klinikbesuche seit der Attacke auf gut 40. Angesichts dieser Komplikationen sei die Schmerzensgeldforderung von 2000 Euro an die Katzenhalterin "moderat", meinte ihre Anwältin vor Gericht.
Gezielte Zweifel an der Identität der Katze gestreut
Die Beklagtenseite und Katzenverteidigung streute gezielt Zweifel, was die Identität der Täterin angeht. In der Nachbarschaft gebe es eine weitere schwarz-weiße Katze, die sie selbst schon einmal mit ihrer verwechselt habe, sagte die Katzenbesitzerin. Auch Richterin Heike Linz-Höhne tat sich schwer, die beiden Samtpfoten anhand von Fotos auseinanderzuhalten. Die Vorführung der Verdächtigen als "Beweismittel" (nicht als Zeugin) im Gerichtssaal fand trotzdem nicht statt. Möglich gewesen wäre sie, denn entgegen der strengen Hausordnung war das Betreten des Gerichts dem Stubentiger ausdrücklich gestattet worden.
Doch die Sondergenehmigung war für die Katz’: Die beiden Anwälte einigten sich rasch auf einen Vergleich und einer Zahlung von knapp 2.700 Euro von der der Katzenhalterin an die Gebissene.
Dem Opfer ist nicht ganz wohl. Die Katze wird jetzt zwar öfter im Hause behalten, am Morgen aber findet die verschreckte Nachbarin die Täterin nicht selten frech grinsend auf ihrem Postkasten vor, hieß es jedenfalls am Rande der Verhandlung.
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