Harri Schemms Kunst-Kosmos

Sehenswerter Ersatz: Auf Schloss Almoshof zeigt der Nürnberger Maler und Spötter einen "Querschnitt" durch sein Werk.
Draußen über der Tür hängt als Hufeisen-Ersatz sein süffisanter Slogan vom „Radikalen Provinzialismus“, drinnen zwischen dem vorlauten Fachwerk des Almoshofer Schlosses die fröhliche Frechheit, die bei Harri Schemm immer siegt. Auch über fränkische Kleingeistereien. „Was nützt die Schönheit, wenn die Stimmung gut ist?!“ heißt die Ausstellung des Weltreisenden aus dem Nürnberger Künstlerkneipen-Humusboden „Gregor Samsa“. Saubere Trefferquote für einen Schnellschuss. Denn der 51-jährige Maler und Spötter fungiert mit diesem rückblickenden „Querschnitt“ als Einspringer für ein abgesagtes Partnerstadt-Projekt.
Der schwarzrotgoldene Nazi-Zwerg des Ottmar Hörl wirft lange Schatten, die ausgezehrten Straßenköter von Goa dürfen von der Leipziger Schule, also vom großen Reibach, träumen, die Welt der menschlichen Echsen ist durch eine Hauptverkehrsader feinsäuberlich und neonschriftlich getrennt – in „Snack“ und „Fuck“.
Satt gesehen hat man sich an der Bilderwelt des Harri Schemm vor Ort immer noch nicht. Auch weil er in Nürnberger Galerien „nicht gerne hausieren“ geht, also auf Entzug setzt. Gerade wenn seine Reiseimpressionen zum Urlaubsalbum der etwas anderen Art gebündelt sind, staunt man immer wieder über den listigen Seitenblick in die Idylle, wo selbst triste Banalität wie Tankstellen von der auftrumpfenden Farblust mitgerissen werden. Eine Mörtelmischmaschine im Leuchtgrün Indiens, ein Fischerboot im Tiefblau der Ägäis, der „Nudelsuppen“-Imbiss als Traumziel. Alles ist möglich. Auch dass eine Fantasy-Biermarke zum zischenden Motiv in Smaragdgrün avanciert: Es heißt „Mythos“.
„Ich bin immer noch der Meinung, dass Freude mehr bewirkt als Mitleid“, sagt Schemm, der „Momente des Lachens“ bevorzugt. Seine achtwöchigen Trips in die Sonne (der Pleinair-Expressionist braucht gutes Wetter) sind für ihn „der einzige Grund, weshalb ich noch lebe“. Samos und Indien waren heuer Ziel.
Im Kulturladen Almoshof finden sich Ölbilder und Aquarelle seiner „Never Ending World-Tour“ (selbst Belege einer kurzen Schwarzweiß-Periode), ungewöhnliche Sachlichkeit (wie das Porträt des Vaters), Brutalkitsch-Leuchtkästen mit Jesus, Madonna und Obstkisten-Rahmen nebst einigen Performance-Dokumenten. Und irgendwo schwebt ein knallfarbener Hocker für ein „freundliches Museum“. Als „Pink Elephant“, wie man in England unwillkommene Gastgeschenke gerne bezeichnet. Andreas Radlmaier
Kulturladen Schloss Almoshof (Almoshofer Hauptstr 49): bis 22. November, Mo-Fr 10-12 Uhr, 14-16.30 Uhr, Di bis 18 Uhr, So 14-17 Uhr