Hand an der Kehle

NÜRNBERG - Mutig: Ein neues Nürnberger Opern-Ensemble probt im Hubertussaal fürs Debüt mit Gian Carlo Menottis Kurzoper „The Medium“.
Ist das noch mutig oder doch schon selbstmörderisch? Gerade straft das Nürnberger Publikum Giorgio Battistellis zeitgenössisches Werk „Prova d'orchestra" am Opernhaus mit Missachtung, da wagt sich – etwas abseits vom Staatstheater und seinem Finanzpolster – die Reihe „musiktheater modern" aus der Deckung. Wenn am 26. April Gian Carlo Menottis Zweiakter „The Medium" im Hubertussaal seine Nürnberg-Premiere feiert, soll das der Startschuss sein zu regelmäßigen Aufführungen von Kurzopern des 20. und 21. Jahrhunderts unter dem Dach der „Gostner Hoftheater“-Filiale.
Christian Gabriel, Kantor an der Dreieinigkeitskirche in Gostenhof, hat die Reihe erfunden und leitet sie am Pult des KlangKonzepteEnsembles auch musikalisch. Trotz des abschreckenden Opernhaus-Beispiels ist er „nicht pessimistisch", was das Interesse der Nürnberger betrifft: „Wir mischen das Publikum des Gostners mit dem der Klangkonzepte und beide sind sehr aufgeschlossen." Menottis weitgehend tonale und szenisch wirkungsvolle Oper ist zudem ein „Appetithappen": der Zeitgenosse Benjamin Britten zum Beispiel wagte musikalisch mehr. Dennoch: „Das Stück ist schon sehr gut komponiert und unheimlich stark komprimiert", sagt Gabriel. „Die Handlung funktioniert, bleibt spannend bis zum Schluss."
Es geht im Okkultismus: Madame Flora gaukelt ihren Kunden vor, über ein Medium Verbindung zu Verstorbenen aufnehmen zu können — bis sich ihr bei einer Séance eine unerklärliche, eiskalte Hand auf die Kehle legt. Ein Scherz? Oder übernatürliche Geister?
Menotti komponierte auf sein eigenes Libretto 1946. Damals entwickelte er sich zu einem der meistgespielten Opernkomponisten. Am Nürnberger Theater war bislang allerdings nur seine Kinderoper „Hilfe, hilfe, die Globolinks" zu sehen – vor etwa 30 Jahren.
Gabriel, der neben Kirchenmusik noch Dirigieren studierte, komponiert selbst vor allem Chorwerke. Eine eigene Kurzoper hat er nicht auf Lager: „Dafür war keine Zeit." Für nächstes Jahr ist Darius Milhauds „Der arme Matrose" in Planung - mit 83 Jahren auch nicht topaktuell. Aber wirkungsvoll. Georg Kasch