"Halligalli-Location" auf der Kampenwand?

Die dortigen Seilbahn-Betreiber wollen neue Gondeln, neue Stützen und eine neue Berg- und Talstation. Der Aschauer Bürgermeister ist dafür, der Naturschutz dagegen.
von  Ruth Schormann
Aus den nostalgischen Vierergondeln sollen bald moderne Achterkabinen werden.
Aus den nostalgischen Vierergondeln sollen bald moderne Achterkabinen werden. © imago images / Westend61

Aschau - Schon vor vier Jahren hat die Kampenwandseilbahn GmbH bei der Gemeinde Aschau beantragt, die über 60 Jahre alte Seilschwebebahn durch eine "neue kuppelbare Kabinenbahn zu ersetzen", wie es in einer Bekanntmachung der Gemeinde Aschau heißt.

Alte Seilschwebebahn soll durch kuppelbare Kabinenbahn ersetzet werden

Neben neuen Stützen soll im Zuge dessen eine neue Tal- und Bergstation gebaut werden, sodass sich der damals genehmigte Bauantrag geändert hat - bis 30. Juni konnten Anregungen oder Bedenken zu dem ausgelegten Antrag vorgebracht werden, wie der Bürgermeister der Gemeinde Aschau, Simon Frank (Zukunft für Aschau), der AZ bestätigt. Acht solcher Einwendungen habe es gegeben, so Frank.

Bürgerinitiative "Rettet die Kampenwand": Petition hat 2.100 Unterschriften

Nun werde das Rosenheimer Landratsamt (LRA) den Bauantrag weiter prüfen, erklärt er. "Wann der Eigentümer von einer LRA-Genehmigung dann Gebrauch machen könnte, ist der Gemeinde nicht bekannt", schreibt Frank der AZ weiter. Die Betreiberfamilie Zbil konnte eine Anfrage der AZ zu ihren Plänen "aus terminlichen Gründen" zunächst nicht beantworten. Während der Aschauer Gemeinderat einen Neubau mit großer Mehrheit befürwortet, wie Frank sagt, regt sich unter Bürgern Widerstand gegen die Pläne. So haben Bürger aus Bernau, Aschau und Prien die Bürgerinitiative "Rettet die Kampenwand" ins Leben gerufen und kämpfen mit einer Petition an Landratsamt, Bürgermeister und Gemeinderat gegen den Neubau und im Zuge dessen offenbar gegen angedachte ausgeweitete Betriebszeiten. Sie hat momentan knapp 2.100 Unterschriften.

Eventisierung der Bergwelt soll verhindert werden

Die Petenten fordern unter anderem, den Naturraum Kampenwand zu schützen, einen Massenansturm zu vermeiden, die Natur nicht zu zerstören und lieber die alte, nostalgische Kampenwandbahn zu sanieren.

Einen Flyer zu ihrer Petition, für die auch die Aschauer Grünen werben, hat die Initiative mit den Worten "Wir wollen keine zweite Jennerbahn im Chiemgau" überschrieben. Am Paradeberg über dem Königssee im Berchtesgadener Land sind laut eigener Auskunft insgesamt 56 Millionen Euro bis zur Fertigstellung der 10er-Kabinenbahn 2019 investiert worden, die stündlich 1600 Menschen auf den Gipfel gondeln kann. Auch dort gab es Proteste gegen die Eventisierung der Bergwelt.

Ein Punkt, den die Kampenwandbahn-Petenten außerdem aufführen: Es solle Schutzwald für den Neubau gerodet werden. Auch der "Verein zum Schutz der Bergwelt" hat sich in einer Stellungnahme ans Landratsamt gegen die neue Bahn ausgesprochen.

Er schreibt, für die neuen Seilbahnstützen und eine temporäre Materialseilbahn solle ein Kahlschlag stattfinden. "Rodungen bzw. Kahlschlag, Bodenabtrag, Erdbewegungen sind auf den geschützten Flächen faktisch nicht ausgleichbar", so die Waldschützer in einer Stellungnahme an das Landratsamt.

Befürchtung: Bergstation verkomme zu "Halligalli-Location"

Die Vorstandsmitglieder Wolf Guglhör und Klaus Lintzmeyer schreiben von einer "Halligalli-Location", zu der die Bergstation dann verkomme. Dem Betreiberantrag nach, aus dem sie zitieren, seien an etwa 200 Tagen im Jahr "Sonderfahrten" bis teilweise weit nach Mitternacht geplant. "Dieser Eventtourismus widerspricht der Bedeutung, dem Respekt und dem eigentlichen Erholungswert des schützenswerten/geschützten Alpenraums (...)", so der "Verein zum Schutz der Bergwelt".

Frank sagt der AZ, er befürworte eine Modernisierung der Anlage "schon aus touristischen Gründen", aber auch im Sinne der Barrierefreiheit.

Die Bürgerinitiative hingegen hat Angst, dass ein Verkehrskollaps im Priental droht. Frank meint: "Anfänglich werden seitens des Betreibers circa zehn bis maximal 15 Prozent mehr Besucher erwartet - was sich dann nach anfänglicher Neugier allerdings wieder rückläufig entwickeln könnte."

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