"Ich bin eineinhalb Meter nach hinten geflogen": Das sind die Vorwürfe aus der JVA Neuburg-Herrenwörth

Auch im benachbarten Gefängnis sollen Gablinger Beamte mehrere Insassen angegriffen haben. Diese Häftlinge haben nun dem BR von den Vorfällen berichtet.
Autorenprofilbild Natascha Probst
Natascha Probst
|
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
5  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Der Eingangsbereich der JVA in Gablingen bei Augsburg.
Der Eingangsbereich der JVA in Gablingen bei Augsburg. © Karl-Josef Hildenbrand

Auch im Gefängnis Neuburg-Herrenwörth sollen Gablinger Beamte mehrere Insassen angegriffen haben - über den Vorfall, der sich aus Berichten des Leiters der Justizvollzugsanstalt ergibt, hat schon im März der bayerische Justizminister Georg Eisenreich (CSU) die Öffentlichkeit informiert. Häftlinge aus der JVA Neuburg-Herrenwörth haben nun dem BR von den Vorfällen berichtet.

Die JVA Neuburg-Herrenwörth ist ein benachbartes Gefängnis der JVA Gablingen für den Jugendstrafvollzug.

Geschehen sei der Angriff bei einer Drogenrazzia am 23. Oktober 2024 in der JVA Neuburg-Herrenwörth. Mit dabei waren demnach Mitglieder der sogenannten Sicherungsgruppe (SIG) der JVA Gablingen, also speziell ausgebildete Beamte für konflikthafte Situationen, da die JVA Neuburg-Herrenwörth selbst keine eigene SIG und keinen eigenen Rauschgift-Spürhund hat.

Was die Häftlinge von der Razzia berichten, ist nicht bewiesen. Allerdings wandte sich der Leiter der JVA Neuburg-Herrenwörth nach der Razzia ans bayerische Justizministerium. Sein Verdacht: Vier seiner Häftlinge wurden womöglich durch die Gablinger SIG-Einheit verletzt – also durch die Beamten, gegen die bereits wegen mutmaßlicher Übergriffe in Gablingen ermittelt wird. Das Justizministerium leitete den Sachverhalt, der sich aus Berichten ergibt, an die Staatsanwaltschaft Augsburg weiter.

"Wo ist dein Stoff, wo ist dein Stoff?"

Zwei der Verletzten sind Milan und Julian, die im Gespräch mit dem BR von der Razzia erzählen. Milan berichtet, dass er sich am Morgen der Razzia mit rund 20 weiteren Gefangenen in der Turnhalle aufreihen musste. Hinter ihm habe der Spürhund Männchen gemacht. Sofort hätten zwei SIG-Beamte ihm die Arme nach hinten verdreht und ihn abgeführt.

Er musste sich entkleiden. "In dem Moment, als ich mein T-Shirt weggelegt hatte, ist einer der beiden Beamten mir an die Kehle gegangen, ich bin dadurch circa eineinhalb Meter nach hinten geflogen."

Er soll auf den Boden fixiert worden sein, ein Beamter habe ihm die Luft abgedrückt und gefragt: "Wo ist dein Stoff, wo ist dein Stoff?"

Er habe verneint, Drogen zu besitzen. "Dann hat mir ein SIG-Beamter zweimal mit den Sicherheitshandschuhen in die linke Gesichtshälfte geschlagen." Einer der Beamten habe gerufen: "Du Bastard, ich hau' dir die Zähne raus, wo ist dein Stoff?" Milan beteuert erneut, keine Drogen zu besitzen.

Der anschließende Urintest sei negativ ausgefallen, sagt Milan. In der Krankenstation der JVA sei eine Wunde über dem linken Auge dokumentiert worden. Er hatte zwei bis drei Tage lang Kopfschmerzen.

Juristin soll stellvertretende Leiterin der JVA Gablingen gewesen sein

Milans Zellengenosse Julian erzählt von noch schlimmeren Übergriffen. Er habe sich widersetzt, als ihm die Luft abgedrückt wurde, weswegen er in eine Spezialzelle gesperrt worden sei, die eigentlich nur als Ultima Ratio vorgesehen ist. "Eine Juristin" habe seine Haft in der Spezialzelle angeordnet. Die Frau sei "zwei bis drei Meter daneben gestanden", als er vor seiner Zelle von SIG-Männern geschlagen worden sei.

Offenbar handelt es sich bei der Juristin um die damalige stellvertretende Leiterin der JVA Gablingen. Laut dem Justizministerium war sie beim Einsatz in Neuburg dabei. Das Justizministerium nehme die Vorwürfe sehr ernst, betreibe die Aufklärung mit Hochdruck und informieren umfangreich Landtag und Öffentlichkeit, teilte das Ministerium mit.  Die JVA Gablingen und die Augsburger Staatsanwaltschaft wollten sich aufgrund der laufenden Ermittlungen im BR nicht äußern. Es gilt die Unschuldsvermutung. 

  • Themen:
Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
5 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
  • kritischer Leser am 20.04.2025 08:56 Uhr / Bewertung:

    Jaja, die armen, armen Knacki's. Beim verüben ihrer Straftaten, weswegen sie nun "brummen", waren sie aber bestimmt auch nicht allzu zimperlich.

  • HanneloreH am 18.04.2025 15:57 Uhr / Bewertung:

    Welche Staatsanwaltschaft ermittelt? a die bayerische na dann ist das Ergebnis ja schon klar.

  • Der wahre tscharlie am 18.04.2025 15:08 Uhr / Bewertung:

    Wenn man dieses Thema verfolgt, dann fragt man sich schon irgendwie.....
    Und heute heißt die Einheit SIG. In den 70er, 80er Jahren gab es auch schon solche speziellen Beamte. Sie wurden damals landläufig als "Rollkommando" bezeichnet, weil sie ohne Ansage die Zelle gestürmt und komplett auf den Kopf gestellt haben.
    Nur hat das damals niemanden interessiert.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.