Graffiti-Ärger! Die Stadt putzt nicht mehr

Anwohner wundern sich über den Rotstift-Beschluss des Stadtrats, und die Sauberkeitsbehörde SÖR ist machtlos: Wegen 15.000 Euro im Jahr werden Schmuddelwände nicht mehr gereinigt
von  Abendzeitung
Nur bei solchen rassistischen, politischen und obszönen Parolen wie hier am Friedrich-Ebert-Platz vor einem Jahr werden die städtischen Saubermänner noch aktiv.
Nur bei solchen rassistischen, politischen und obszönen Parolen wie hier am Friedrich-Ebert-Platz vor einem Jahr werden die städtischen Saubermänner noch aktiv. © Berny Meyer

Anwohner wundern sich über den Rotstift-Beschluss des Stadtrats, und die Sauberkeitsbehörde SÖR ist machtlos: Wegen 15.000 Euro im Jahr werden Schmuddelwände nicht mehr gereinigt

NÜRNBERG Vor einigen Wochen wurde es Andrea Heindl zu viel mit dem Müll und dem Dreck rund um ihre Wohnung an der Gleißbühlstraße.

Sie meldete sich bei „Kehrd’ wärd“, bekam Müllsäcke, Greifzangen und Handschuhe von der Sauberkeitsbehörde SÖR und krempelte zusammen mit ihrem Mann die Ärmel hoch. Drei große Säcke mit Abfall kamen beim Frühjahrsputz in den Grünanlagen zusammen. Doch als sie bei SÖR anrief und bat, die Schmierereien auf der Mauer am Straßenrand zu entfernen, erlebte sie ihr blaues Wunder: Sparmaßnahmen! Die Stadt Nürnberg hat alles Geld gestrichen, um solche Graffiti zu entfernen.

Wenn die Umgebung sauber ist, halten sich Dreckspatzen zurück

„Es wäre so schön gewesen, wenn unsere Säuberungsaktion auch noch mit einer sauberen Wand belohnt worden wäre“, sagt Heindl. Denn sie weiß: Wenn die Umgebung sauber ist, haben auch die größten Dreckspatzen Hemmungen, ihren Abfall einfach in die Gegend zu werfen.

Auch bei SÖR kennt man diesen Zusammenhang. Und man würde beschmierte städtische Wände gerne sauberhalten. Doch dagegen spricht die Ziffer 331des städtischen Sparpakets aus dem Jahr 2004.

Politische, obszöne und rassistische Graffiti kommen weg

Damals beschlossen die Stadträte, den Anti-Graffiti-Etat auf null zu setzen, so SÖR-Sprecherin Ulrike Goeken-Haidl. Ersparnis: 15.000 Euro im Jahr. Eine kleine Summe angesichts der großen Löcher im Haushalt. „Aber damals hat man an allen Ecken und Enden jeden Cent zusammengekratzt. Damals wurde etwa beschlossen, dass die Kränze für verstorbene Mitarbeiter kleiner und die Parks seltener gereinigt werden“, erinnert Goeken-Haidl an die dramatische Haushaltslage.

Die ist heute nicht besser. Deshalb wird es dabei bleiben, dass die Stadt Graffiti nicht mehr entfernt. Einzige Ausnahme, so Goeken-Haidl, sind rassistische, politische und obszöne Schmierereien in der Innenstadt, am Bahnhof und rund um die Messe.

Und selbst um eine Aktion „Gschrubbd’ wärd“ anzustoßen, bei der die Bürger selbst die Schmierereien abputzen, sei derzeit kein Geld mehr vorhanden. Michael Reiner

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