Graben in Abgründen

Nürnberger Filmhaus feiert ab Donnerstag Luis Bunuel, den „Jahrhundertmann“ des europäischen Kinos.
von  Abendzeitung
Legendäre Filmszene mit Rasiermesser und Skandalgeschichte: „Ein andalusischer Hund“ läuft auch in der Bunuel-Werkschau im Filmhaus.
Legendäre Filmszene mit Rasiermesser und Skandalgeschichte: „Ein andalusischer Hund“ läuft auch in der Bunuel-Werkschau im Filmhaus. © az

Nürnberger Filmhaus feiert ab Donnerstag Luis Bunuel, den „Jahrhundertmann“ des europäischen Kinos.

Mit dem Besuch des Regisseurs, um den sich im Nürnberger Filmhaus in den kommenden Wochen vieles dreht, ist nicht zu rechnen. Auch wenn es durchaus in die Jenseitsplanung des Luis Bunuel gepasst hätte. Hatte der „Jahrhundertmann“ des europäischen Kinos schon in seiner Biographie die Vorstellung geäußert, alle zehn Jahre von den Toten aufzuerstehen, sich sympathischerweise mit ein paar Zeitungen ins Café zu setzen und das aktuelle Chaos der Welt zu überprüfen. Zum 25. Todestag widmet das Filmhaus dem „Meister unserer Abgründe“, wie es Sex-Idol Jeanne Moreau es formulierte, ab Donnerstag (und bis 2. April) eine Hommage aus 14 Klassikern.

Das Paket kommt direkt von der Berlinale, wo dem Erfinder des filmischen Surrealismus und skandalumwitterten Bohrens im Unterbewusstsein diese Werkschau gewidmet war. In den Filmmuseen von Wien, München und Amsterdam wird sie noch zu sehen sein – das verdeutlicht den Stellenwert, den das Nürnberger Haus inzwischen hat.

Ein Trick, eine Illusion, die für den Surrealismus steht, hat sich als Bild vom Karrierebeginn eingeprägt: Die Hand, die das Auge einer Frau aufspreizt und anschließend mit einem Rasiermesser zerschneidet, lässt „Ein andalusischer Hund“ (1929) als epochalen Schock der Filmgeschichte bestehen: Die Montage macht die Wirklichkeit. Der Film ist am Samstag auch in dieser Retrospektive zu sehen. Die startet qualitätsgerecht mit dem Oscar-gekrönten „Diskreten Charme der Bourgeoisie".

Bunuel, mit Dalì und Federico Garcia Lorca befreundet, hatte mit allen wichtigen Erscheinungen des 20. Jahrhunderts zu tun: mit Kommunismus und neuen Medien, Flucht und .Kirche, Bigotterie. Sein europäisches Spätwerk prägte seinen Ruhm, wo Frauen im Fadenkreuz von Phantasien und Perversionen stehen: Catherine Deneuve in „Tristana“ und „Belle de Jour“ (20. – 24.3.), Silvia Pinal in „Viridiana“ (29.3.) und „Der Würgeengel“ (2.4.), Jeanne Moreau in „Tagebuch einer Kammerzofe“ (31.3.). Für die Moreau, die darin „eine meiner mysteriösesten Figuren“ spielte, war der Spanier der Insektenforscher unter den Regisseuren, weil er beim Einschlafen Ameisen, Spinnen und Käfer an seinen Augen vorbeiziehen ließ. daer

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