Götterspeisung mit Schmackes und Geschmack
NÜRNBERG - Mummpitz stürmt mit „Prometheus“ in Fürth vergnüglich den Olymp.
Die Götter müssen verrückt sein. Wenn es sie denn gibt. Denn vielleicht existieren sie ja nur „in meinem Buch, in meinen Gedanken und manchmal in meinem Herzen“, wie es dieses Glaubensbekenntnis ketzerisch formuliert. Der dazugehörige „Mensch“ ist in dieser Aufbereitung eines antiken Mythos regelrecht ferngesteuert. Eine Puppe, die eigensinnig ist („Lieber, Gott, nimm es hin, das ich was Besonderes bin!“) und Zeus und den anderen olympischen Sandkastenspielern sehr schnell zeigt, wo der Gummihammer hängt. Und auch den titelgebenden „Prometheus“ nahezu telepathisch von den Felsen-Fesseln löst. Wunderbar, wie so vieles an dieser bildstarken, pointierten Uraufführung, die Regisseur Jean-Paul Denizon mit dem „Mummpitz“-Ensemble in den Fürther Schlachthof pflanzte.
Im Anfang war das „Hallo“. Und dann der Schluckauf. Nur weil einer der göttlichen Schöpfer wieder die Spraydosen verwechselt hat, macht sich das neue Ebenbild aus der Prometheus-Werkstatt hicksend im Olymp breit. Und spätestens seit dem deutschen Pop-Theologen Herbert Grönemeyer wissen wir ja, warum der Mensch Mensch heißt. Diese Unabhängigkeitsbestrebungen, die Göttersohn Prometheus (Lars Gossing) vorantreibt, missfallen Zeus sehr. Der Clan-Chef (Michael Bang), der mit dem Sound von „On the Road again“ reist und die Wolken-Vorhänge erzittern lässt, befürchtet Autoritätsverlust. Und lässt sich auch durch ein Hütchenspiel nicht überlisten, sondern donnert ins Geschehen. Der aufsässige Prometheus, als treusorgender Energielieferant unterwegs („Bruder, zur Sonne, zur Freiheit“, wird außer Gefecht gesetzt. Hermes, der Paketkurier, rollt auf dem Sackkarren Pandora herein („Hallo ich bin die Dora!“) – ein frisch geschnürtes Überraschungspaket mit Preisschild dran und einem Händchen für alles Übel wie Krieg, Hunger, Pickel und Rechtschreibschwäche.
Jean-Paul Denizon serviert mit dem „Prometheus“ eine Götterspeisung voll Geschmack und Schmackes, wo auch noch die Schlachthof-Säulen im Amphitheater-Ambiente eine tragende Rolle erhalten. 60 Minuten Einfallsreichtum mit Fackel-Slapstick und Gitarren-Gefühlsverstärker (Peter Pelzner). Und weil sich „Mummpitz“ diesmal tief Richtung Schattentheater und Puppenspiel vorwagt, macht die Inszenierung auch als Vorspann zum anstehenden Figurentheaterfestival eine gute Figur. Bei der Premiere juchzte die Generation „10+“. Also alle. Andreas Radlmaier
Infos: www.stadttheater.de
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