Göring: Der "Goldfasan" war ein skrupelloser Egomane
Wegen seiner Fantasie-Uniformen wurde der Reichsmarschall auch „Lametta-Heini“ genannt. In der Nacht vor seiner Hinrichtung brachte sich der hohe Nazi-Funktionär mit Zyankali um
NÜRNBERG Ein zahmer Löwe als Haustier. Das passte perfekt zu Hermann Göring, der nichts mehr liebte als Prunk und Glamour. Hinter dieser Fassade steckte allerdings ein machtbesessener, skrupelloser und menschenverachtender Egomane, der entscheidenden Anteil am Aufstieg Hitlers und der Vernichtung der Juden hatte. Seiner Hinrichtung kam der Reichsmarschall mit seinem Selbstmord zuvor.
Steile Karriere in der NSDAP
Präsident des Reichstags, Reichsluftfahrtminister, Oberbefehlshaber der Luftwaffe, Reichsforstmeister, Reichsjägermeister, Preußischer Ministerpräsident, Reichskommissar für Rohstoffe und Devisen, Vorsitzender des Zentralen Planungsamts, Chef der Reichswerke und und und... Hermann Göring (geboren 1893) häufte im Dritten Reich so viele Ämter wie kein anderer an. Weil er sich auch noch gerne in opulenten, mit Orden behängten Fantasieuniformen zeigte, sprach man hinter seinem Rücken vom „Goldfasan“ – oder etwas deftiger auch vom „Lametta-Heini“.
Als sich Hermann Göring 1922 dem aufstrebenden Adolf Hitler anschloss, war er in der NSDAP mehr als willkommen. Als hoch dekorierter, mit dem Orden Pour le Mérite ausgezeichneter Kampfflieger im 1. Weltkrieg wirkte er wie ein Aushängeschild. Hitler machte ihn umgehend zum Chef der SA. In dieser Funktion nahm er im November 1923 am Hitler-Putsch teil, der fehlschlug und ihm eine Schussverletzung am Oberschenkel beibrachte. Die Schmerzen wurden mit Morphium eingedämmt und machten Göring zum dauerhaften Süchtigen.
Auf seine Initiative hin wurden die ersten Konzentrationslager gebaut
Am unaufhaltsamen Aufstieg in das Machtzentrum des NS-Regimes änderte die Morphium-Sucht nichts. Als Hitler 1933 Reichskanzler wurde, gehörte auch Göring als Minister zum Kabinett. Auf seine Initiative hin wurden die ersten Konzentrationslager gebaut, in die Oppositionelle durch Polizei und SA verschleppt wurden. Göring war es auch, der die gefürchtete, mit nahezu unbeschränkter Macht ausgestattete Geheime Staatspolizei (Gestapo) gründete, aus der später das Reichssicherheitshauptamt (RSHA) hervorging, die Machtzentrale der Nazis. Auch der Holocaust wurde von hier aus dirigiert.
Görings direkte Beteiligung und Durchführung am Massenmord der Juden ist durch einen Befehl vom 31. Juli 1941 belegt, dessen Echtheit er im Nürnberger Prozess bestätigte. Mit ihm beauftragt er Reinhard Heydrich, den damaligen RSHA-Chef, alle notwendigen Vorbereitungen zur „Endlösung der Judenfrage“ zu treffen. Von Göring kam auch die Forderung, eine Uniform für Juden einzuführen, um sie gleich erkennbar zu machen – das vorgeschriebene Tragen des Judensterns, festgelegt in den Nürnberger Rassegesetzen, war die Folge.
Göring führte einen feudalen Lebensstil
In den ersten Kriegsjahren wurde der schillernde Chef der Luftwaffe als Held gefeiert. Als er jedoch wegen einer katastrophalen Strategie im Luftkrieg gegen England unterging und auch seine Zusage an Hitler nicht einhalten konnte, die eingeschlossen Truppen vor Stalingrad aus der Luft zu versorgen, fiel er beim „Führer“ langsam in Ungnade. Das hielt Göring allerdings nicht davon ab, einen feudalen Lebensstil zu führen, der in krassem Gegensatz zur Not der Bevölkerung stand. Besonders vehement frönte er seiner Sammelleidenschaft von Kunstwerken, die er in den besetzten Ländern raubte. Tausende von wertvollen Gemälden und Skulpturen riss er sich so unter den Nagel. Einen Teil davon soll er in Stollen unter der Burg Veldenstein (Kreis Nürnberger Land) vergraben haben, wo er einen Teil seiner Kindheit verlebte.
Hermann Göring, der einen Intelligenzquotienten von 138 aufwies, stellte sich nach dem Krieg in Österreich den amerikanischen Streitkräften. Er war im Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher der höchstrangige Angeklagte und wurde erwartungsgemäß zum Tod verurteilt. In der Nacht vor der geplanten Hinrichtung nahm er sich mit Zyankali das Leben. Wahrscheinlich wurde es ihm von einem Wachsoldaten im Gefängnis zugespielt.
Helmut Reister
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