Gestorben: Wulf Konold

Er war 12 Jahre lang Nürnbergs Generalintendant - und geleitete die Städtischen Bühnen in Staatstheater-Höhen: Im Alter von nur 64 Jahren ist Wulf Konold an Krebs gestorben
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Verstarb im Alter von 64 Jahren: der ehemalige Generalintendant Wulf Konold.
bayernpress Verstarb im Alter von 64 Jahren: der ehemalige Generalintendant Wulf Konold.

NÜRNBERG - Er war 12 Jahre lang Nürnbergs Generalintendant - und geleitete die Städtischen Bühnen in Staatstheater-Höhen: Im Alter von nur 64 Jahren ist Wulf Konold an Krebs gestorben

Es war seine größte Herausforderung, aber ob er die Nürnberger Intendanten-Zeit (1996-2008) als wichtigsten Teil seines künstlerischen Lebens sah, hat Wulf Konold nie eindeutig gesagt. War er doch vorher als Musikwissenschaftler der Fachwelt ein Begriff, hatte die Abteilung E-Musik beim Saarländischen Rundfunk geleitet, acht Jahre als Chefdramaturg der Hamburgischen Staatsoper gewirkt und zudem in Hannover ein Kammerorchester und ein Ensemble Musica Viva gegründet. Jetzt ist er mit 64 Jahren in Kempten an Krebs gestorben. Er hinterlässt aus erster Ehe mit Ulla Konold zwei erwachsene Söhne und eine dreijährige Tochter aus zweiter Ehe.

1996, als Konold überraschend zum Generalintendanten berufen wurde, war die Kulturfabrik mal wieder in Not. Opernchef Eberhard Kloke hatte das Haus ins Defizit getrieben, wechselnde Rathaus-Mehrheiten verlangten radikale Umkehr, das Schauspiel steckte im Konventionellen fest. Da sollte einer, den alle für einen Gelehrten hielten, Kunst und Kasse schnell umkrempeln. Er wurde nicht zum Wunderheiler, aber zum Sisyphus – und rollte bis 2008 den abwärts strebenden Stein immer sorgfältig nach oben. Mag es wegen seiner latenten Kompromissfähigkeit auch Anlass zur Kritik gegeben haben, Konold blieb der kunstsinnige, nervenstarke Prinzipal. Nicht grade der Vater des Ensembles, aber der große Bruder mit schützender Hand. „Menschlich“ sei er in der verführerischen Machtposition immer geblieben, sagen seine Mitarbeiter.

Tatsächlich wurde der Allround-Künstler, der auch Regie führte („Giuditta“) und (nicht immer zur Orchester-Freude) dirigierte, für Nürnberg ein Reformator größerer Schritte. Er machte den hochtalentierten Philippe Auguin zum Philharmoniker-Chef, bereitete den Weg fürs irritierende Tanztheater von Daniela Kurz, fand in Klaus Kusenberg den zupackenden Schauspieldirektor. Er ließ sich auf die Gründung der Internationalen Gluck-Festspiele ein, platzierte in die männerdominierte Position des Oberspielleiters mit Andrea Raabe und Helen Malkowsky zwei Frauen in Folge. Zu den größten künstlerischen Erfolgen zählt die Realisierung von Wagners Koloss „Der Ring des Nibelungen“, den das Opernhaus zuvor 40 Jahre lang nicht gewagt hatte – womöglich 2003 mitentscheidend fürs überraschende Upgrade zum „Staatstheater“, der dem nun von Freistaat und Stadt gleichermaßen subventionierten Betrieb mehr Finanz-Sicherheit gibt.

Dass Nürnberg für „Hoch-Kultur“ kein einfaches Pflaster ist, war Konold schon 1978 aufgefallen. Da kam er für vier Jahre als Chefdramaturg zu Operndirektor Hans Gierster. Und ging empört, als seine eingefädelte „Parsifal“-Inszenierung des später weltberühmten Regisseurs Herbert Wernicke ängstlich abgesagt wurde.

Konold war selbst kein tollkühner, perfekter Manager – aber spielfreudig mit Visionen und unversiegbar naivem Spaß an der Bühne. Als seine Nürnberger Arbeit zu bröckeln begann, suchte er das Heil nicht in Konzentration, sondern in Kompetenz-Ausweitung, übernahm 2005 zusätzlich die Leitung der Ludwigsburger Schlossfestspiele und träumte wohl von neuen Sprüngen mit Stand- und Spielbein. Weil die Stadt die Vertragsverlängerung mit Exklusivitäts-Anspruch verband, stieg er pikiert aus. Wulf Konold hat Nürnbergs Theater nicht neu erfunden, aber überlebensfähig gemacht. Die Stadt verliert einen ihrer wichtigen, richtigen Intendanten. Dieter Stoll

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