"Wertvoll gefühlt": Geständnisse im Betonplatten-Prozess
Sie provozierten Unfälle, um hinterher als Retter schnell zu helfen. So schildert einer von zwei Männern die elf Taten vor dem Lüneburger Landgericht, bei denen sie Steine, eine Betonplatte und einen Baumstamm von Autobahnbrücken in mehreren Bundesländern geworfen haben sollen. Zum Prozessauftakt räumen beide Angeklagten die Taten teilweise ein.
"Ich werde mich der Verantwortung stellen, ich schäme mich zutiefst", sagte ein 23-Jähriger aus Itzehoe (Schleswig-Holstein). Er habe zusammen mit dem neun Jahre älteren Thüringer nach der gemeinsamen Arbeit Alkohol getrunken und auch Drogen konsumiert.
"Wir haben uns aufgeschaukelt", erklärt der Rettungssanitäter. Es sei ihnen vorrangig darum gegangen, bei Unfällen zu helfen. Das habe ihr Selbstwertgefühl gesteigert: "Ich habe mich dann wertvoll gefühlt". Erst in der Haft sei ihm klargeworden, wie gefährlich die Taten gewesen seien. Entschuldigen könne man die Fälle nicht. "Ich bin unendlich froh, dass keiner gestorben ist." Er wisse, dass er für viele Jahre ins Gefängnis gehen werde.
Der 32-Jährige aus Einhausen im Süden Thüringens erklärte in seiner Einlassung, nichts von den Würfen gewusst zu haben. Er habe nur helfen wollen und mit dem Partner einen Katastrophenschutzverein gegründet. Die vorsätzlichen Taten am späten Abend seien von seinem Kompagnon ausgegangen, der stets im eigenen Auto unterwegs gewesen sei. Dennoch bittet er die Geschädigten um Verzeihung: "Was passiert ist, erschreckt mich, das Ganze tut mir leid."
Lange Haftstrafen drohen
Richter Franz Kompisch zweifelt die Aussagen des älteren Angeklagten an, lässt Videomaterial aus dem Auto vorspielen. Darin reden die Zwei von der Lust am Steinewerfen, sogar einen Toten würden sie in Kauf nehmen.
Beide sitzen seit Juni in Untersuchungshaft. "Im Falle einer Verurteilung zu versuchtem Mord müssen die Angeklagten mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe rechnen", erklärt Gerichtssprecherin Christina Edinger. Die Einlassungen könnten den Strafrahmen abmildern.
Staatsanwaltschaft sieht Heimtücke und niedrige Beweggründe
Die beiden sollen Steine, eine Betonplatte und einen Baumstamm von Autobahnbrücken in mehreren Bundesländern geworfen haben – teils auch direkt auf vorbeifahrende Fahrzeuge. Ihnen wird versuchter Mord sowie gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr in elf Fällen vorgeworfen. Laut Staatsanwaltschaft kam es "glücklicherweise jedoch nicht zu Todesfällen", sondern blieb bei Sachschäden und kleinen Verletzungen.
Die Anklagevertreter werfen ihnen vor, die Notlagen selbst geschaffen zu haben, dabei heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen gehandelt zu haben. Der Staatsanwalt spricht von selbstsüchtigen Motiven. An mindestens zehn weiteren Verhandlungstagen sind 27 Zeugen und zwei Sachverständige geladen.
Acht Taten sollen die beiden Männer zusammen in Niedersachsen begangen haben. Tatorte waren demnach etwa die A1 in Elsdorf, die A29 bei Großenkneten und die A7 bei Soltau. Dem jüngeren werden noch weitere Taten ebenfalls in Niedersachsen, aber auch an der A4 in Eisenach (Thüringen) und an der A73 bei Eggolsheim (Bayern) zur Last gelegt.
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