Gespiegelte Gesellschaft

Der bundesweit ausgetragene Creole-Wettbewerb für Weltmusik geht in die zweite Runde: In der Tafelhalle spielen zehn bayerische Bands gegeneinander – überwiegend aus Nürnberg.
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Schwingend und swingend durch Europa: Frank Wuppingers L’Orchestre Europa spielt morgen (23 Uhr) in der Tafelhalle.
Klaus Schillinger Schwingend und swingend durch Europa: Frank Wuppingers L’Orchestre Europa spielt morgen (23 Uhr) in der Tafelhalle.

NÜRNBERG - Der bundesweit ausgetragene Creole-Wettbewerb für Weltmusik geht in die zweite Runde: In der Tafelhalle spielen zehn bayerische Bands gegeneinander – überwiegend aus Nürnberg.

Creole leistet eine unheimliche Recherchearbeit“, sagt Jürgen Markwirth, Leiter des Amts für Kultur und Freizeit, über diesen Wettbewerb der Weltmusik, der zum zweiten Mal bundesweit und flächendeckend ausgetragen wird. Morgen und Samstag treten in der Tafelhalle zehn Gruppen an, die in der Formatradiolandschaft schlechte Karten haben. Aber schon Nürnberger Kulturpreisträger sind. Wie Frank Wuppingers beschwingtes L’Orchestre Europa, die Reggae-Macher von Yohto und die für die erkrankte Tatjana Maté nachnominierte Brasil-Sängerin Yara Linss.

AZ: Herr Markwirh, im Wettbewerb stoßen Balkan-Blech, Südstadt-Reggae und fränkische Kirchweihmusik aufeinander. Bedeutet das: Alles ist möglich?

JÜRGEN MARKWIRTH: Im Prinzip ja. Es sollen einfach neue Musikformen präsentiert werden. Wobei die Grenzziehung da mitunter schwierig ist: Wo fängt das Neue an?

Postmodern – hätte man vor ein paar Jahren gelästert.

Vielleicht. Vielleicht taugen auch die ganzen Schubladen nicht mehr. Sie funktionieren ja im Prinzip seit Jahren nicht mehr zur Stil-Definition. „Worldmusic“ ist auch nur eine Hilfsschublade. Das kann man „vielfältig“ nennen oder als „Anything goes“ bezeichnen. Letztendlich gab es für die Teilnehmer auch einen Kriterien-Katalog, nach der die Jury beurteilte. So gesehen ist das „Alles ist möglich“ ein Abwiegen von Konzeption, Kreativität, Orginalität, Qualität und Bühnenpräsenz.

Wie nahe ist die Weltmusik an der Allerweltsmusik?

Schwierige Frage. Der Begriff ist ja auch ein deutsches Phänomen für alles, was versucht, irgendwo dazwischenzusteuern. Aber was Qualitäten angeht, sind lupenreine Sortierungen nicht zu haben.

Wo und wie entwickeln Musiker eine neue musikalische Identität?

Die Beweggründe sind vielschichtig. Es gibt das kreolische Programm, das gesteuert wird durch die kulturellen Wurzeln der Beteiligten. Dann gibt es Projekte, wo es erst die Musiker gibt und dann den Rahmen. Und solche, wo Klänge aus der ganzen Welt einfach in unterschiedlichsten Kontexten aufgesaugt werden. Auch kulturpolitisches Sendungsbewusstsein ist ein Motiv. Bemerkenswert ist, dass sich die Musiker selber am wenigsten mit dem Label Weltmusik identifizieren.

Woran liegt der Reiz der Vermengung?

Das ist ein Widerspiegeln unserer Gesellschaft. Die ganze Gesellschaft ist vermengt. Jeder dritte Nürnberger hat seine Wurzeln irgendwo anders. Die junge Generation nimmt, bedingt durch Auslands-Praktika und die leichte Art des weltweiten Verreisens, ständig Eindrücke auf.

Vor zwei Jahren hatten Sie bei der Premiere volles Haus. Weil man auf dem Wellenkamm eines Trends segelt?

Das nicht. Aber dass das Festival so gut angenommen werden würde, war auch nicht unbedingt zu erwarten.

Haben sich im zweiten Anlauf mehr oder weniger Bands beworben?

Es war sogar leicht rückläufig. Bayern ist eben doch ein Flächenstaat und die Szene nicht so lebendig wie in Nordrhein-Westfalen. Und Bands, die einmal dabei waren, dürfen sich auch nicht mehr bewerben.

Ist das Publikum von heute neugierig auf das Neue?

Bedingt. Die Experimentierfreude ist so groß nicht. Aber gerade das Prinzip, an einem Abend bei fünf, sechs Bands 20 Minuten reinzuhören, mögen die Leute.

Die bayerischen Finalisten kommen überwiegend aus dem Raum Nürnberg. Was will uns das sagen?

Es ist ein gutes Zeichen, dass wir so etwas wie die bayerische Weltmusikmetropole sind. Und es ist beruhigend, dass nicht wir so entschieden haben, sondern eine externe Jury, die überwiegend aus Oberbayern kam.

Interview: Andreas Radlmaier

Creole-Wettbewerb morgen und Sa. ab 20 Uhr in der Tafelhalle. Tageskarte: 12/15 .

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