Gericht klaute meine Mutter – jetzt ist sie tot!

Sohn (64) durfte Mutter nicht mit nach Hause nehmen – sie starb nach einem Sturz
Abendzeitung |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Helmut R. trauert um seine Mutter. Geblieben sind ihm nur die Fotos.
bayernpress 2 Helmut R. trauert um seine Mutter. Geblieben sind ihm nur die Fotos.
Babette R. erholte sich von einem Knochenbruch nicht mehr.
bayernpress 2 Babette R. erholte sich von einem Knochenbruch nicht mehr.

Sohn (64) durfte Mutter nicht mit nach Hause nehmen – sie starb nach einem Sturz

NÜRNBERG Ist beim Tod einer alten Dame (91) in einem Nürnberger Pflegeheim die Menschlichkeit auf der Strecke geblieben?

Zwölf Jahre lang kümmerte sich Helmut R. (64) aufopferungsvoll um seine an Demenz leidende Mutter Babette. Um ihr einen Heimaufenthalt zu ersparen, bezog er mit ihr in Langwasser sogar eine eigene Wohnung. Hier fühlte sich die Frau, die auch noch dreimal täglich vom Pflegedienst der Caritas betreut wurde, wohl. Helmut R.: „Es gab in all den Jahren nie irgendwelche Probleme.“

Anfang September letzten Jahres bekam Helmut R. in der Wohnung einen Krampfanfall und stürzte bewusstlos zu Boden. Seine Mutter war mit der Situation zwar überfordert, doch das soziale Netz funktionierte. Die Betreuer der Caritas, die kurz darauf routinemäßig erschienen, ließen Helmut R. ins Klinikum bringen – und seine Mutter in das AWO-Pflegeheim in der Salzbrunner Straße. Dort steckte man sie in die geschlossene Abteilung, weil befürchtet wurde, sie könnte sonst davonlaufen. Außerdem stellte sie das Amtsgericht im Eilverfahren unter amtliche Betreuung.

Helmut R., der davon ausging, dass seine Mutter mit der gewohnten Caritas-Betreuung daheim zurechtkommt, erfuhr von alledem nichts. „Als ich acht Tage später aus der Klinik entlassen wurde, fand ich eine leere Wohnung vor. Ich musste erst ewig herumtelefonieren, bis ich den Aufenthaltsort meiner Mutter herausgefunden hatte“, blickt er zornig zurück.

Zu dem Zeitpunkt ging er noch davon aus, dass er seine Mutter wieder mit nach Hause nehmen könnte. Doch weit gefehlt. „Mir wurde von den Verantwortlichen des Heims mitgeteilt, dass ich bei der Betreuung meiner Mutter nichts mehr zu sagen hätte“, berichtet der Sohn. Er rief die zuständigen Gerichte an, schöpfte alle Instanzen aus – und biss auf Granit. Babette R. blieb in der geschlossenen Abteilung.

"Jeden Tag hat sie mich angefleht, die mit nach Hause zu nehmen."

Die Situation, die dadurch entstand, war für Helmut R. äußerst deprimierend. „Jeden Tag hat sie mich angefleht, sie mit nach Hause zu nehmen. Für mich war klar, dass meine Mutter den Heimaufenthalt nicht überleben würde“, blickt Helmut R. zurück. Als er das im Heim auch noch deutlich zum Ausdruck brachte, machte er sich unbeliebt.

Den weiteren Fortgang schildert Helmut R. so: „Ich weiß bis heute nicht, wer dahintersteckt, aber plötzlich sollte auch ich unter amtliche Betreuung gestellt werden.“ Ein Psychologe, der ihn begutachten musste, kam zu ihm in die Wohnung. Der fand allerdings keinerlei Anhaltspunkte für einen derart gravierenden Schritt. Das geht aus dem Gutachten hervor, das der AZ vorliegt. An der Unterbringung von Babette R. in der geschlossenen Abteilung änderte sich dadurch allerdings nichts.

Anfang April ereilte Helmut R. die nächste Schreckensnachricht. Seine Mutter war in der Nacht gestürzt und hatte sich einen Oberschenkelhalsbruch zugezogen. Helmut R.: „Sie wurde erst am nächsten Morgen, Stunden später, entdeckt.“ Vier Wochen später war die betagte Frau tot. Jetzt überlegt sich ihr Sohn, ob er nicht bei der Staatsanwaltschaft eine Anzeige wegen Freiheitsberaubung stellt.

Helmut Reister

  • Themen:
Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.