Gerangel um die besten Plätze in der City
NÜRNBERG - Die gleiche, nervtötende Melodie – immer wieder, in einer Endlosschleife. Eine Folter, die nichts mit Musik zu tun hat. Und doch in Nürnbergs Fußgängerzonen Realität ist: Untalentierte Straßenmusiker, oft getarnte Bettler, terrorisieren Passanten und Ladeninhaber.
Das findet gerade ein Straßenmusiker furchtbar: Ivan Hajek (35), einer der wirklich bekannten Straßenmusiker in Nürnberg und München – er spielt bereits seitdem er fünf Jahre alt ist Akkordeon, hat schon in der Fürther Stadthalle Konzerte gegeben, veröffentlicht CDs mit selbst geschriebenen Songs.
Er fordert jetzt in der AZ den Straßenmusiker-TÜV, also eine Überprüfung der Fähigkeiten der Musiker, bevor sie von der Stadt die Erlaubnis erhalten, in der Fußgängerzone zu spielen. „Ich erlebe das jeden Tag. Da spielen Leute auf der Straße, die gar nicht spielen können!“ Die nur kämen, um schnell Geld zu machen. Kein Wunder: Star-Tenor Jan Menzer (34) berichtet der AZ, dass er zu seinen aktiven Straßenmusiker-Zeiten „bis zu 100 Euro in der Stunde“ gemacht habe.
Straßenmusiker-TÜV
Und Hajek ergänzt: „Besonders seit der EU-Ost-Erweiterung kommen viele Leute nach Deutschland, die in ihrer Heimat mit ihrer Arbeit weniger verdienen als hier mit Straßenmusik. Dann kaufen die sich eine alte Geige und legen los.“ Das Ergebnis ist oft eine akustische Umweltverschmutzung. Das sieht auch Traudi Pommer so. Die 60-jährige Nürnbergerin wohnt schon seit 20 Jahren in der Karolinenstraße und unterstützt Hajeks Anliegen: „Was hier alles so Musik macht – das ist wirklich schlimm. Die spielen stundenlang das gleiche Lied. Da muss ich oft die Polizei rufen. Ein Straßenmusiker-TÜV wäre eine gute Idee“.
In München funktioniert der bereits erfolgreich. Dort wird jeden morgen ein „Musiker-Casting“ durchgezogen – wer nicht spielen kann, „kriegt keine Spielerlaubnis“, so Albrecht Dietrich von der Münchener Stadtinformation. Auch in Nürnberg braucht jeder, der in der City spielen will, eine Erlaubnis des Liegenschaftsamtes. Fünf Genehmigungen werden in Nürnberg jeden Tag erteilt – aber ohne, dass die Musiker vorspielen müssen. „Wir überprüfen das nicht vorher“, so Liegenschaftsamts-Leiter Claus Fleischmann. Aber er macht den Anwohnern Mut: „Wir denken über den Straßenmusiker-TÜV nach.“ Ivan Hajek hört das gerne: „Straßenmusik soll ja auch Spaß machen! Niemand soll aus Mitleid Geld geben, oder gar, damit die Musiker aufhören zu spielen.“ Denn es gibt einfach zu viele wirklich gute Straßenmusiker, als dass man die Schlechten ertragen sollte.
mm
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