Gendern durch Leitfaden bei Audi: Mitarbeiter klagt dagegen

Ein VW-Mitarbeiter will nicht in gendergerechter Sprache angesprochen werden und klagt deswegen gegen die Konzerntochter Audi. Das Gendern ist offensichtlich nach wie vor ein Reizthema – jetzt müssen sich auch die Richter im Sitzungssaal damit auseinandersetzen.
AZ/dpa |
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Der VW-Mitarbeiter sieht sich durch den Gender-Leitfaden in seinen allgemeinen Persönlichkeitsrechten verletzt.
Der VW-Mitarbeiter sieht sich durch den Gender-Leitfaden in seinen allgemeinen Persönlichkeitsrechten verletzt. © dpa/Swen Pförtner

Ingolstadt - Der Streit um die Vorgaben zu einer gendergerechten Sprache bei der Audi AG wird am Dienstag (14. Juni) eine Zivilkammer des Ingolstädter Landgerichtes beschäftigen. Ein Angestellter der Konzernmutter VW, der mit Audi-Kollegen zusammenarbeiten muss, hatte Audi verklagt, nachdem das Unternehmen keine Unterlassungserklärung abgeben wollte. Er sieht durch den Gender-Leitfaden seine allgemeinen Persönlichkeitsrechte verletzt.

Unternehmensrichtlinie: Audi gendert seit 2021 

Der Autobauer hatte im vergangenen Jahr eine Unternehmensrichtlinie zu gendersensibler Sprache erlassen. Der Kläger stört sich daran, dass dadurch in der Kommunikation mit ihm Gender-Formen wie der Unterstrich ("Mitarbeiter_innen") genutzt werden sollen.

Wie ein Sprecher des Gerichts erläuterte, wird der Richter bei dem Termin zunächst versuchen, eine gütliche Einigung zwischen den Parteien zu erreichen. Sollte diese nicht gelingen, werde anschließend gleich die Hauptverhandlung beginnen. 

Audi: Aus "Chef" wurde "Führungskraft" und Verwendung von Gender-Gaps

Audi hatte im März 2021 "zur besseren Sichtbarkeit geschlechtlicher Vielfalt" einen Leitfaden für gendersensible Sprache eingeführt. Dabei geht es darum, wie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schriftlich gendersensibel kommunizieren sollen. Audi schlägt entweder neutrale Formulierungen ("Führungskraft" statt "Chef") oder den sogenannten Gender-Gap vor, mit dem die männliche und die weibliche Form mit einem Unterstrich verbunden wird - so werden auch aus den bisherigen "Audianern" die "Audianer_innen".

Die beiden Anwälte des Klägers betrachten das Verfahren auch als eine Art Musterprozess. "Das ist eine Frage, die die Gesellschaft berührt", sagte Rechtsanwalt Dirk Giesen.

 "Ideologie": Klage wird vom Verein Deutsche Sprache unterstützt

Unterstützt wird die Klage von dem Verein Deutsche Sprache, der das Gendern generell ablehnt und von einer "Ideologie" spricht. "Unter dem Deckmantel der Gleichberechtigung wird durch das Gendern das Kommunikationsmittel Sprache geopfert", schimpft der Verein. Andere Organisationen der Sprachpflege äußern sich weniger deutlich, verweisen wie die Gesellschaft für deutsche Sprache mitunter aber darauf, dass beim Gendern trotzdem die grammatikalischen Regeln eingehalten werden sollten.

Audi will an Kommunikation, die alle Geschlechter berücksichtig, festhalten

Audi selbst will zu dem laufenden juristischen Verfahren keine konkrete inhaltliche Erklärung abgeben. Davon abgesehen gelte aber, dass das Unternehmen eine Organisationskultur pflegen wolle, die von gegenseitigem Respekt und Wertschätzung geprägt sei, sagte Audi-Sprecher Wolfgang Schmid. "Die Verwendung gendersensibler Sprache bedeutet eine Kommunikation, die alle Geschlechter und geschlechtlichen Identitäten wertschätzt und berücksichtigt." 

Wann es in dem Verfahren ein Urteil gibt, ist bislang noch unklar. Der weitere Fortgang dürfte von dem Ergebnis des ersten Prozesstages abhängen. Zivilverfahren dauern häufig wesentlich länger als Strafprozesse und können sich in die Länge ziehen.

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9 Kommentare
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  • Bernd Kammermeier am 09.06.2022 15:22 Uhr / Bewertung:

    Die Gendersprache entstammt einer in der Postmoderne (1960er-Jahre) entwickelten Ideologie. Sie will kein Problem lösen, sondern Gesellschaft spalten. Daher ist Gendersprache diskriminierend und sexistisch. Konsequent wäre, das Suffix "-in" überall da wegzulassen, wo ein Beruf oder eine Funktion benannt wird. Wie z. B. im Englischen. Die Frauen in der DDR waren diesbezüglich emanzipierter und nannten sich "Ingenieur". Denn das ist eine berufliche Qualifikation und keine Geschlechtsteil...

  • TheoK am 09.06.2022 12:12 Uhr / Bewertung:

    Diese Pseudo-Rechtfertigung immer:
    "Die Verwendung gendersensibler Sprache bedeutet eine Kommunikation, die alle Geschlechter und geschlechtlichen Identitäten wertschätzt und berücksichtigt"

    Das macht das generische Maskulinum genauso oder vielleicht sogar noch besser. Es ist ganz einfach geschlechtsneutral. Man versucht etwas zu erreichen, das es schon lange gibt.

  • Wolff am 09.06.2022 13:13 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von TheoK

    Wie wäre es denn, statt die Sprache zu verhunzen, mal das Denken der Leute einfach zu verändern? Als Rechtfertigung wird ja immer gesagt, bei bestimmten Begriffen würde automatisch an Männer gedacht - ja dann ändert doch da mal die Erziehung und die Einstellung!

    Die Assoziation liegt nicht in der Sprache, die findet alleine in den Köpfen statt.

    Was an "Führungskraft" (DIE!) ansonsten per se besser ist als an Chef (DER!) muss erst einmal nachgewiesen werden! Sonst zeichnen unsere lieben Kleinen in Zukunft vielleicht nur noch weibliche Führungskräfte...?

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