Gefasster Messer-Killer: Jetzt spricht die Mutter des Opfers

Audio von Carbonatix
Kristina Bauer (58) kümmert sich aufopfernd um ihre Enkel. Es ist herzergreifend, wie der kleine Cedric mit dem Tod der geliebten Mutter umgeht.
MESPELBRUNN Cedric ist das jüngste Kind von Carmen Spielmann. Er war zehn, als er am 25. Juli 2008 Halbwaise wurde. Alexander Renz, der am Montag verhaftete „Spessart-Killer“, soll Cedrics Mutter erstochen haben. Für Cedric, heute 12, hat sich damit das Leben komplett geändert. Geblieben ist die Liebe. Am Dienstag war er mit Oma Kristina Bauer (58) am Urnengrab. „Cedric ging zur Urnenwand, streichelte sie“, erzählt die Großmutter tief bewegt. „Mama“, sagte der Kleine zur Wand, „der Renz ist im Gefängnis – den hast du dahin geschickt.“
Mit diesen Vorstellungen versucht der Junge, den Mord an seiner Mutter zu verarbeiten. Wie auch Schwester Janina (15) und Bruder Kevin (17) ist Cedric erleichtert, dass der Mörder ihrer Mutter in Haft sitzt. „Sie sind seit Montag völlig gelöst“, so Oma Bauer. Das Trio lebte seit dem 25. Juli in Angst – davor, dass Renz kommen und auch sie holen könnte. Vorbei. „Cedric strahlt: Seit Renz nicht mehr da ist, habe ich so eine Energie. Ich bin sogar wieder gut im Sport“, zitiert die 58-Jährige ihren Enkel.
"Auf welcher Wolke lebt die Mama jetzt?"
Die beiden Jüngsten sind noch in therapeutischer Behandlung. Seinem Therapeuten kann Cedric auch Begebenheiten wie diese erzählen: „Am Montag, als ich noch nicht wusste, dass der Renz gefangen wurde, habe ich in der Schule auf einmal die Mama gerochen – da war ihr Parfüm. Da wusste ich, sie sitzt neben mir. Ich war so glücklich und zufrieden.“
Das sind Momente, in denen Kristina Bauer mit den Tränen kämpft. Oder wie sie jüngst eine Antwort suchte: Während eines Fluges sah Cedric aus dem Fenster. Auf welcher Wolke die Mama jetzt lebe, wollte er wissen. „Ich weine schon noch viel“, sagt die Frau, die zu ihrer Tochter ein traumhaftes Verhältnis gehabt haben muss. „Aber seit der Verhaftung geht es mir besser. Ein halber Stein ist mir vom Herzen gefallen, die andere Hälfte bleibt auf ewig im Herzen. Die Trauer um Carmen müssen wir verarbeiten, aber es ist jetzt leichter.“
Die Angst, der Täter komme wieder, war allmächtig
Und zwar deshalb, weil die Gedanken an Renz, der die 32-Jährige wohl aus verschmähter Liebe erstochen hat, nun nicht mehr die Tage bestimmen. „Ich stand mit ihm morgens auf und ging abends mit Gedanken an ihn ins Bett.“ Die Angst, der Täter komme wieder, die Sorge, der Mord könne nicht gesühnt werden, war allmächtig. „Renz kam während seiner Flucht immer wieder zurück nach Mespelbrunn, überfiel auf der Suche nach Geld sogar seine Familie“, das macht Kristina Bauer fassungslos. „Die Angst hat uns fast hysterisch gemacht: Man schaut Menschen hinterher, die ihm ähnlich sind. Man sieht ihn an jeder Ecke.“
Neben der Trauer um den Tod der Tochter bestimmt die Sorge um die Familie jetzt ihr Leben. „Wir halten zusammen“, darauf ist sie stolz. Carmens Ehemann ist den Kindern ein liebevoller Vater, die Oma kocht für alle. „Jeden Abend um 17.30 Uhr setzen wir uns zusammen und essen und reden.“ Ein Regularium, das allen hilft. Am 25. Juli, dem Jahrestag, wird Kristina Bauer erstmals am Tatort, dem Parkplatz vor Schloss Mespelbrunn, eine Kerze anzünden. „Vorher hätte ich das nicht geschafft.“
Das erste Mal wird sie Alexander Renz im Gericht sehen. Dann will sie ihn fragen, warum er ihre Tochter erstochen hat. Doch Kristina Bauer bleibt realistisch: „Ich erwarte mir keine Antwort. sw