„Ganz vorbei sein wird das nie“ Prozessauftakt im Mordfall Nora
AUGSBURG - Ein halbes Jahr nach dem Sexualmord an der 18 Jahre alten Nora hat der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter begonnen. Selbst sein Anwalt geht davon aus, dass sein Mandant die höchstmögliche Jugendstrafe von zehn Jahren Haft bekommen wird.
Nora lächelt, für das Foto hat sie sich die Augen passend zu ihrem T-Shirt blau geschminkt. Noras Lachen werden ihre Freunde und ihre Familie so schnell nicht vergessen, auch wenn die 18-Jährige mittlerweile seit sechs Monaten tot ist. „Unser Leben hat sich seit dem Mord an Nora völlig verändert“, sagt die Mutter von Noras bester Freundin, die ihren Namen nicht nennen möchte. Zusammen mit Freunden und einem Opferschutzverein hat sie zum Prozessauftakt um den Sexualmord an Nora am Mittwoch vor dem Augsburger Landgericht ein riesiges Foto aufgestellt. Davor liegt ein zerbrochenes Herz mit Noras Namen, umgeben von Efeu, weißen Rosen und Kerzen.
„Für alle ist es unglaublich schwer, für Angehörige, Freunde, Nachbarn“, sagt die Frau. „Ganz vorbei sein wird das nie.“ Im Dezember 2007 wurde die junge Auszubildende Nora nachts auf dem Heimweg durch ein Augsburger Wohngebiet zusammengeschlagen und vergewaltigt. Anschließend erwürgte sie der Täter. Ihre Leiche – das Gesicht völlig entstellt – wurde am nächsten Tag von einer Spaziergängerin gefunden. Die Tat hatte damals wegen ihrer Brutalität bundesweit Aufsehen erregt. Die beiden Jugendlichen hatten sich zuvor nicht gekannt. Nora war völlig zufällig zum Opfer geworden.
Keine Zuschauer bei der Verhandlung
Eine knappe Woche nach der Tat nahm die Polizei einen Verdächtigen fest: Einen 17 Jahre alten Maurerlehrling, der die Tat kurz darauf gestand. Seit Mittwoch muss er sich vor der Jugendkammer des Augsburger Landgerichts wegen Mordes verantworten. Außer Noras Eltern und ihren beiden Schwestern dürfen an den Verhandlungen keine Zuschauer teilnehmen.
Selbst Noras Oma darf den Gerichtssaal nicht betreten. Mit verweinten Augen wartet sie vor der Tür, nachdem sie Noras Mutter noch bis zum Saal begleitet hat. Sie versucht, etwas zu sagen, bringt aber kein Wort heraus. Noras Schwestern stützen die Mutter zu beiden Seiten und gehen mit ihr in den Saal. Immer wieder fängt die Frau zu weinen an. Der Vater sitzt mit geneigtem Kopf auf der Zuschauerbank. Wie ein Gerichtssprecher berichtet, kann auch er die Tränen nicht mehr zurückhalten, als die Anklageschrift mit den brutalen Details des Mordes an seiner Tochter vorgelesen wird.
Selbst der Verteidiger des 17-Jährigen, der Augsburger Anwalt Gerhard Decker, geht davon aus, dass sein Mandant die höchstmögliche Jugendstrafe von zehn Jahren Haft bekommen wird. Freunden und Angehörigen ist das nicht genug. „Wenn der Täter rauskommt, wäre Nora 28 Jahre alt“, sagt die Mutter der besten Freundin. „Sie hätte ihr ganzes Leben noch vor sich – sie hätte vielleicht Familie. Da darf man gar nicht drüber nachdenken.“ Mit einem Urteil wird Mitte Juli gerechnet.
"Den sichersten Weg gehen"
Die Opferanwälte Bernd Scharinger und Marion Zech wollen erreichen, dass der junge Mann nach zehn Jahren in eine psychiatrische Klinik kommt. „Wir wollen den sichersten Weg gehen, den es gibt, um ihn auch nach den zehn Jahren unter Verschluss zu halten“, sagt Zech. Der mutmaßliche Täter äußerte sich nach Angaben des Gerichts zunächst nur in Form einer Erklärung, die von seinem Anwalt vorgelesen wurde. In einem Brief hat er sich bei seiner Familie entschuldigt und sie um Unterstützung gebeten.
„Unser Mandant weiß, dass er durch seine Tat eine hohe Schuld auf sich geladen und den Angehörigen von Nora großes Leid zugefügt hat“, heißt es in einer Mitteilung des Verteidigers Decker über den Inhalt der Erklärung. „Dafür gibt es keine Entschuldigung. Unser Mandant erwartet auch nicht, dass ihm die Angehörigen jemals verzeihen. Er bedauert seine Tat zutiefst.“ (dpa)
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