Freiheit für drei Euro

In der kleinen Ausstellung „Goldener Boden“ im hase&moos- Kunstforum zeigt der vielseitige Nürnberger Künstler Philipp Moll bissige Collagen.
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Poppig bunt die Hintergründe: Die Collagenbilder von Philipp Moll bei hase&moos.
privat Poppig bunt die Hintergründe: Die Collagenbilder von Philipp Moll bei hase&moos.

NÜRNBERG - In der kleinen Ausstellung „Goldener Boden“ im hase&moos- Kunstforum zeigt der vielseitige Nürnberger Künstler Philipp Moll bissige Collagen.

Steht doch alles da: „Schatz, du nimmst mich nicht ernst“ prangt auf dem Triptychon, das als quietschbunte Scheußlichkeit zwischen verpackter Schultafel und Altarcollage pendelt. Stimmt. Dazu sind die Exponate in der hase&moos-Ausstellung „Goldener Boden“ zu ironisch. Aber die Werke des Nürnberger Künstlers Philipp Moll haben es auf eine grotesk-komische Art in sich.

So wäre der gelernte Schreiner durchaus in der Lage, Möbel mit Bein und Fuß herzustellen. Hier aber stehen gebrechliche, mit Textilband geflickte Sperrholzungetüme herum, die eine Funktion als Schreibtisch oder Stellwand nur vorgaukeln. Molls „Rache am Handwerk“ ist auch Ausdruck einer „Hilflosigkeit dem gegenüber, was um einen herum passiert“.

Moll verwandelt sie in subtil-bösen Humor, schichtet gefundene und gesammelte Materialien zu Collagen, die mit krakelig hand- oder maschinegeschriebenen Texten versehen sind. Unter einer klapprigen Modellbau-Skizze steht: „Vertrauen Sie ruhig ihrem Architekten!“ Zu einer Karte, die schematisch die weltweiten Ölexporte in den 70ern darstellt, merkt eine Notiz an: „Was glauben Sie eigentlich ist das?“

Klug sind die Bruchfährten zwischen Dargestelltem und Kommentar gelegt, lassen die Assoziationsmaschine rattern und über bissige politische Aussagen stolpern. Moll besitzt hier Erfahrung: Seit 1994 spielt er bei „Fast zu Fürth“, die jüngst beim Bardentreffen den Sebalder Platz in klare Lager spalteten, Kleininstrumente wie Maultrommel, Waschbrett und Nasenpfeife. Und gemeinsam mit Martin Fürbringer bildet er die „Weltanschauungsbeauftragten“. Gleich bei ihrer ersten Aktion zum G8-Gipfel von Heiligendamm versteigerten sie bei Ebay die Versammlungsfreiheit — für 3 Euro.

Auch jetzt noch interessieren den einstigen Theologiestudenten (lange vor dem Kunstakademie-Aufenthalt) Religion, Konfessionen, Gut und Böse. Auf ein altes Foto, das einen Pfarrer zeigt, hat er die englischen Worte „BAD“ und „GOOD“ geklebt — für welches Attribut man sich entscheidet, ist eine Frage der Perspektive. Meist aber sind Molls Texte ein ins Hochdeutsche übertragenes Fränkisch. Denn: „Ein Dialekt, der hauptsächlich von der Weglassung lebt, prägt auch das Denken.“Georg Kasch

hase&moos Kunstforum e.V. (Willstraße 14): bis 12. September, Mi/Fr 18-20, So 10-18 Uhr

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