Frauen-Knast: Trauriges Fest hinter Gittern
Wenn es weihnachtet, werden „schwere Mädels“ butterweich – vor allem, wenn sie Kinder haben. Für die ist Ursula Pfeiffer seit 20 Jahren ein „Engel“ .
NÜRNBERG Im Arrangement von „O du Fröhliche“ taucht der ein oder andere ungewohnte Moll-Akkord auf: ein Zufall freilich, aber bezeichnend. Diese Weihnachtsfeier in der Mannertstraße 36 ist ein bisschen bescheidener als anderswo – aber vor allem ein bisschen trauriger.
33 Frauen sitzen dicht an dicht in der Kapelle mit dem Deckenfresko. Die Stimmung gedämpft, die Luft gesiebt. Wenn es weihnachtet in Nürnbergs Frauenknast, werden die schweren Mädels butterweich. Viele von ihnen haben Kinder – und die müssen Heilig Abend ohne ihre Mamas verbringen. Beim Vater, bei der Oma, in Pflegefamilien oder im Heim. Dass die 76 Kinder – das jüngste von ihnen gerade einen Monat alt – an Weihnachten mit ihren Sehnsüchten und Bedürfnissen nicht völlig allein sind, ist vor allem einer Frau zu verdanken: Ursula Pfeiffer.
Seit 20 Jahren kümmert sie sich mit der „Lobby für Kinder“ um die gefangenen Frauen und deren Nachwuchs. Alle Jahre wieder geht sie auf „Bettel-Tour“: Playmobil, Staedtler, Faber-Castell heißen die Stationen, wo Pfeiffer das auftreibt, was in anderen Familien ganz normal ist: Geschenke für die Kinder. Stifte, Bücher, Bastelsachen – und immer wieder Kuscheltiere. „Ersatz für die fehlende Wärme und die Streicheleinheiten“, weiß die engagierte Seniorin. Auch Lesestoff ist ganz wertvoll für die „Knastwaisen“: „In vielen sozial schwachen Familien gibt es keine Bücher.“
Allerdings bedürfen zur Weihnachtszeit nicht nur die Herzen der Kinder einer Extra-Portion Wärme – auch die Mütter brauchen Trost und Zuwendung. Kein Wunder, dass die Kapelle fast bis auf den letzten Platz gefüllt ist. Andächtig lauschen die Frauen der Sopranistin Monika Teepe und ihrer Begleitung Lin Lin Fan am Piano. Ein Konzert ihnen zu Ehren ist für die Gefangenen etwas Besonderes. Auch dass Kulturreferentin Julia Lehner Heinrich Waggerls Weihnachtsgeschichte vorliest, in der das Jesuskind im Stall einen Floh vor dem peniblen Erzengel Gabriel rettet: An Weihnachten sollen auch die Kleinsten und Schwächsten Schutz erfahren.
„Sie glauben nicht, was die Spielsachen für uns und unsere Kinder bedeuten“, bedankt sich Karla, die selbst eine kleine Tochter hat, bei Ursula Pfeiffer: „Für uns sind Sie ein Engel.“
Steffen Windschall
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