Frankens erster Kletter-Polizist
NÜRNBERG/BAYREUTH - Bergsteigen wird zum Breitensport, die Zahl der schwerwiegenden Unfälle steigt: Wolfgang Pfeffer (45) klärt die Fälle auf – und geht dazu die Route des Opfers nach
Faszinierende Felsen, rund tausend Höhlen sowie Kletteranlagen und Hochseilgärten ziehen Freizeitsportler und Erholungssuchende in die Fränkische Schweiz. Vor allem beim Klettern kommt es immer wieder zu folgenschweren Unfällen. Um die aufzuklären – und ihnen vorzubeugen – sind bei der oberfränkischen Polizei zwei Experten für Berg- und Kletterunfälle im Einsatz. Einer davon ist Wolfgang Pfeffer aus Bayreuth.
Im letzten Jahr kam es in Oberfranken zu zwölf Kletterunfällen mit zwei Todesopfern sowie einem schweren Unglück in einem Hochseilgarten. „Kletterunfälle enden meist mit bleibenden Verletzungen oder gar dem Tod“, erklärt der 45-jährige Polizist. Die Folgen sind dramatisch: „Wenn ein junger Familienvater aufgrund der Verletzungen seinen Beruf nicht mehr ausüben kann, steht die Zukunft der ganzen Familie auf dem Spiel.“ Dann wollen die Versicherungen genau wissen, ob sie haften müssen. Also gilt es, den Sachverhalt bis ins Detail zu klären. Der „staatlich geprüfte Sachbearbeiter für Berg- und Kletterunfälle“ hört Zeugen an, vernimmt die Opfer.Er prüft, ob Fremdverschulden oder Fahrlässigkeit vorliegen.
Um den Unfallhergang nachvollziehen zu können, klettert Pfeffer die Unfall-Route nach. Er fotografiert und vermisst. „Die Arbeit an der Unfallstelle dauert zwei bis vier Stunden“, sagt er. „Je nach Fall kann die vollständige Aufklärung eines Unfalls wenige Tage bis mehrere Wochen in Anspruch nehmen.“ Die Ermittlungsergebnisse werden in einem Bericht zusammengefasst, der der Staatsanwaltschaft vorgelegt wird. Außerdem bieten die Erkenntnisse eine Grundlage für die Präventionsarbeit. Das ist neben zivil- und haftungsrechtlich zu klärenden Fragen der für Pfeffer persönlich wichtigste Teil seiner Aufgaben.
„Früher war Materialversagen die häufigste Absturzursache“, erzählt der Polizist. „Die Industrie hat das erkannt und das Material enorm verbessert. Ein Bergseil reißt heute nicht mehr, sofern es nicht mit ätzenden Flüssigkeiten in Berührung kommt.“ Heute seien Verhaltensfehler die Hauptursache für Unglücke. Daher ist es dringend notwendig, Partner-Checks durchzuführen: Kletterer und Sicherer müssen vor der Tour gegenseitig prüfen, ob die Ausrüstung intakt und richtig angelegt ist.
Ganz ist das Hobby nicht zum Beruf geworden, hauptsächlich ist Wolfgang Pfeffer Polizist im Kriminaldauerdienst, kümmert sich um so schwere Verbrechen wie Morde. Vor zwei Jahren machte er die staatliche Bergführerausbildung. Diese und 25 Jahre beim Deutschen Alpenverein (DAV) machen ihn zum Kletter-Experten. Manchmal kommt es auch zu Sondereinsätzen, die nichts mit Bergunfällen zu tun haben. Dann steigt er tief runter, statt hoch rauf: „Einmal waren meine Kletterfähigkeiten bei der Bergung einer Tatwaffe aus einem Brunnen gefragt.“msc
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