Forscher fordern: Siesta für Bayern!
NÜRNBERG/REGENSBURG - Eisdielen, Schwimmbäder, kühle Getränke: viel zu lau! An heißen Sommertagen strömen immer mehr Bayern in die Geschäfte – um sich abzukühlen. Das hat der Soziologe der Uni Erlangen-Nürnberg, Reinhard Wittenberg (66), herausgefunden. Er hat 2500 Nürnberger gefragt, wie sie mit hohen Temperaturen umgehen. Dabei entdeckte er das Klimaanlagen-Phänomen. Wittenberg: „Kühle Plätze sind rar in der Stadt. Einzelhandelsläden sind deshalb bei Hitze ein beliebter Anziehungspunkt“.
Immer mehr Wissenschaftler beschäftigen sich mit der Frage, wie wir in Zukunft mit der Hitze fertig werden. Die Temperaturen in Bayern steigen kontinuierlich an. „In 30 Jahren werden sie laut Schätzungen im Schnitt zwei, drei Grad höher sein“, sagt Wittenberg.
„Ganz Süddeutschland wird in 30 Jahren klimatische Verhältnisse haben wie heute in Oberitalien“, sagt auch Joachim Buck vom Stadtplanungsamt Regensburg. Er entwickelt im Rahmen eines Forschungsprogramms des Bundesverkehrsministeriums Strategien zum Schutz vor dem Klimawandel.
Die Folgen: „Wir werden häufiger eine Reihe von Tagen mit subtropischen Verhältnissen haben“, sagt Wittenberg – mit Tagestemperaturen um 35 Grad und 25 Grad in der Nacht. Das führe zu „ mehr Unwetter, und mehr Problemen für Allergiker“, sagt Wittenberg. Sogar die Malaria-Mücke könne sich dann hier breitmachen.
Behörden und Forscher sagen deshalb: Wir müssen unsere Lebensweise ändern – also:
Öfter Siesta machen: Das fordern viele Arbeitswissenschaftler oder Schlafforscher wie Jürgen Zulley seit längerem. Auch Joachim Buck plädiert für flexiblere Arbeitszeiten. Arbeitnehmer sollen bei hoher Hitze „früher beginnen und dann über Mittag eine längere Siesta einlegen“.
Früher aufstehen: Ältere Menschen tun das im Sommer bereits, sagt Soziologe Wittenberg: „Sie stehen früher auf als sonst, machen in der morgendlichen Kühle ihre Erledigungen und ziehen sich dann in der Mittagshitze zurück.“
Mehr Bäume pflanzen: Laut Wittenberg sind Straßen mit Bäumen im Schnitt zwei Grad kühler als kahle. Um Schatten zu spenden, müssen die Bäume aber erst wachsen. Deshalb sollen Städte jetzt schon über Aufforstung nachdenken, sagt Wittenberg. Das Umweltamt in Nürnberg tue das bereits.
Früher zur Schule: Auch die Kleinsten müssen sich an höhere Temperaturen anpassen, sagt Buck. „Man könnte darüber nachdenken, die Schule früher beginnen und damit vor der Mittagshitze enden zu lassen.“ Kinder um 13 oder 14 Uhr nach Hause zu schicken, könne in einigen Jahrzehnten unverantwortlich sein.
Mehr Wasserspender aufstellen: „Vor allem bei Älteren und Kindern wird Austrocknung durch den Klimawandel ein Problem werden“, sagt Wittenberg.
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