Flut–Drama in Baiersdorf: Anwohner verklagt die Stadt

Zwei Jahre nach den sintflutartigen Regenfällen fordert ein Landwirt in einem Pilot-Prozess von der Gemeinde 180.000€ Schadensersatz wegen Vorsorgemängeln.
von  Abendzeitung

Zwei Jahre nach den sintflutartigen Regenfällen fordert ein Landwirt in einem Pilot-Prozess von der Gemeinde 180.000€ Schadensersatz wegen Vorsorgemängeln.

BAIERSDORF/NÜRNBERG Eine alte Frau ertrank in ihrer Kellerwohnung, 1600 Häuser standen unter Wasser, als durch sintflutartige Regenfälle binnen zwei Stunden eine Flutkatastrophe ungeahnten Ausmaßes über die Region Erlangen-Höchstadt hereinbrach. Der Schaden damals: über 86 Millionen Euro. Eine Naturgewalt, die man hinnehmen muss? 30 Betroffene aus der am stärksten mitgenommenen Stadt Baiersdorf sehen das nicht so. Sie wollen Schadensersatz von der Kommune und vom Abwasserverband.

In einem Pilot-Prozess vor der 4. Zivilkammer am Nürnberger Landgericht fordert der Landwirt Robert Fuhrmann (50) jetzt als erster der Betroffenen rund 180.000 Euro.

Blitzschnell war das Wasser auf 1,80 Meter Höhe

An dem Tag, an dem sich die A 73, der Frankenschnellweg, in einen Fluss verwandelte und Autofahrer auf Pkw-Dächern festsaßen, war Fuhrmann verreist. Als er heimkam, waren seine 30 Schafe auf der tiefer liegenden Weide ertrunken, weil das Wasser dort blitzschnell 1,80 Meter Höhe erreicht hatte. Auch sein Haus und die Scheune waren überflutet.

Schuld waren seiner Meinung nach mangelnde Vorkehrungen wie Auffangbecken oder der nicht gereinigte und verschmutzte Schlangenbach, der um Baiersdorf herumführt. Zwar habe er 50.000 Euro Entschädigung aus einem Fond erhalten. Doch tatsächlich sei ihm ein Schaden von 230.000 Euro entstanden. Deshalb fordere er den Rest von der Stadt Baiersdorf ein.

Der vor Gericht angehörte Sachverständige Martin Lindenberg (62) aus der Hochwasser erfahrenen Stadt Dresden hatte sich mit der Sache eingehend befasst. Beauftragt vom Abwasserverband der betroffenen Gemeinden rund um Baiersdorf hatte er ein ausführliches Gutachten erstellt, das mit Plänen und Computersimulationen den damaligen Zustand in dem 54 Quadratkilometer-Gelände darstellte. Außerdem arbeitet er noch an einem Hochwasserschutz-Konzept samt neuem Entwässerungsplan. (Kosten insgesamt: 500.000 Euro).

Hätte sich die Gemeinde auf die Mega-Flut gar nicht einstellen können?

„Das Regen-Ereignis 2007 war sehr viel stärker, als ein 100–jähriges Hochwasser“, stellte der Gutachter fest. Dafür hätte das Kanalnetz ausgereicht. Doch eine Sturzflut wie in 2007 komme vielleicht alle 500 Jahre vor. Das heißt: Die Gemeinde hätte sich auf eine Mega-Flut derartigen Ausmaßes gar nicht einstellen können. Die Schäden im Anwesen des Klägers seien wohl eher durch den über die Ufer getretenen Schlangenbach verursacht worden – also durch eine nicht beherrschbare Naturgewalt...

Doch Kläger Robert Fuhrmann sieht es anders und will es genauer wissen. Dazu muss der Sachverständige jetzt ein extra Gutachten zur Lage seines Anwesens erstellen.

Der Prozess geht weiter.cis

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