Fernsehturm zu verkaufen

Schon seit 1991 steht das Dreh-Restaurant in rund 200 Metern Höhe leer. Allein der Lift verschlingt 8000 Euro pro Monat – und im Winter muss für 10.000 Euro geheizt werden
NÜRNBERG Er sollte ein Publikumsmagnet werden, eine touristische Attraktion. Stattdessen geriet der mächtige Fernmeldeturm in Nürnberg-Schweinau zum Mega-Flop. Inzwischen wird das höchste Bauwerk Bayerns (292,80 Meter) zu einem Spottpreis angeboten. Kaufen will es trotzdem keiner.
Von 700.000 Besuchern im Jahr träumte der Stadtrat – und langte ganz tief in die Tasche. Um den von der Post gebauten und eigentlich nur als Träger modernster Übertragungstechnik konzipitierten Turm mit Aussichtsplattform und Drehrestaurant auch publikumstauglich zu machen, wurde schwer nachgerüstet. Ein Expresslift, der sich später als das größte Übel herausstellen sollte, wurde eingebaut. Sogar die Fundamente des architektonischen Höhenspektakels mussten aufwändig verstärkt werden.
Die Stadt griff der Hamburger Betreiberfirma, die das Renommier-Restaurant in Wolkennähe betreiben wollte, mit einer Bürgerschaft von 8,5 Millionen Mark unter die Arme. Doch das Prestigeobjekt entwickelte sich zu einem Fass ohne Boden. Als es 1980 fertig war, kostete es mit zwölf Millionen Mark fast doppelt so viel wie geplant – und der Betreiber aus der Hansestadt war pleite.
Schon nach sechs Jahren war Schluss
Die Stadt Nürnberg, die dadurch ihre Millionenbürgschaft verlor, hatte nun ein Gastronomieobjekt am Bein, das sich einfach nicht rechnete. Vor allem die immensen Kosten für das Energie fressende Aufzugsmonster warf jede vernünftige Kalkulation über den Haufen. Experten schätzen, dass der Dauerbetrieb des Expresslifts, der für das Betreiben der Lokalitäten in knapp 200 Metern Höhe unumgänglich wäre, inklusive Wartung und Stromkosten locker 8000 Euro pro Monat verschlingen würde. Hinzu kämen in der kalten Jahreszeit monatliche Heizkosten von etwa 10.000 Euro!
Dass sich das nicht rechnen kann, erfuhr der Nürnberger Verkehrsverein, der Anfang der 80er Jahre die Bewirtschaftung übernahm. Nach sechs quälenden Jahren war Schluss – und Tucher stieg ein. Nach deren Berechnungen hätten 200.000 Gäste pro Jahr gereicht, um das Restaurant rentabel betreiben zu können. Doch nach nur vier Jahren kapitulierte auch die Nürnberger Brauerei wegen der immensen Fix-Kosten. Seit 1991 ist Dauer-Sperrstunde.
Der Eigentümer des Fernmeldturms, die Deutsche Funkturm GmbH aus Münster, eine Tochterfirma der Telekom und T-Mobile Deutschland, sucht händeringend nach neuen Betreibern. Interessenten wurde sogar schon eine pachtfreie Nutzung des aus 23.000 Tonnen Stahlbeton bestehenden Monstrums angeboten, um dem Turm wieder neues Leben einzuhauchen. Doch nicht einmal das zieht: Alle Verhandlungen scheiterten bis jetzt. Der Turm steht weiter leer.
Helmut Reister