Fall Hanna: Dieser prominente Strafverteidiger unterstützt den Angeklagten

Wieder einmal sorgt Regina Rick für eine Überraschung im Eiskeller-Mordprozess. Diesmal tritt ein Experte für Wiederaufnahmeverfahren auf. Schwimmen dem Angeklagten alle Felle davon?
von  Heidi Geyer
Der Angeklagte Sebastian T. am 30. Prozesstag.
Der Angeklagte Sebastian T. am 30. Prozesstag. © Geyer

Traunstein/Aschau - Und dann saß der Mann, der Strafanzeige gegen Olaf Scholz gestellt hat, im Traunsteiner Landgericht. Ein prominenter Gast ist in den Chiemgau gekommen, nämlich Gerhard Strate. Der Hamburger Anwalt gilt als Experte für Wiederaufnahmeverfahren und Verfassungsbeschwerden. Schon Carsten Maschmeyer, Monika Weimar und Gustl Mollath hat er vertreten.

Nach Manfred Genditzki, den Regina Rick als vermeintlichen "Badewannen-Mörder" nach 13 Jahren aus dem Gefängnis gebracht hatte, ist er der zweite Überraschungsgast im Eiskeller-Mordprozess.

Prozess im Fall Hanna: Rechnet die Verteidigung mit einem Schuldspruch? 

Dass Strate da war, dürfte aber kein Zufall sein. Nach AZ-Informationen ist er kein reiner Beobachter, sondern unterstützt Rick in der Verteidigung ihres Mandanten Sebastian T. Laut Staatsanwaltschaft soll der heute 22-Jährige die Medizinstudentin Hanna W. am 3. Oktober 2022 aus sexuellen Motiven überfallen haben und ihren bewusstlosen Körper in den Aschauer Bärbach geworfen haben, wo die junge Frau ertrank.

Für den jungen Mann sieht es im Moment zappenduster aus. Zwar handelt es sich um einen Indizienprozess, es gibt keinen klaren Beweis wie DNA oder ein Video, dass der Angeklagte auch der Täter ist.

Verteidigung um Regina Rick glaubt an Unfall-These – immer noch

Doch zahlreiche Hinweise sprechen gegen ihn. Insofern ist es möglich, dass Rick gemeinsam mit Strate schon eine mögliche Revision, gar ein Wiederaufnahmeverfahren plant. Denn in den vergangenen Wochen haben sich viele alternative Theorien zur Tat zerschlagen. Etwa, dass Hanna bei einem Unfall ums Leben gekommen ist. Wobei Pflichtverteidiger Markus Frank auch am Donnerstag wieder mit dieser These kommt: Hanna soll ins Wasser gefallen sein, von dort aus erfolglos ihre Eltern angerufen haben und dann ihre nasse Jacke ausgezogen haben.

Ist das plausibel? Staatsanwalt Wolfgang Fiedler will das so nicht stehenlassen: "Es steht zweifelsfrei fest, dass kein Unfall vorliegt!" Und weiter: "Ihr Beharren ist erbärmlich und missachtet die Tatsachen und die Angehörigen und das Opfer selbst!"

Eiskeller-Mord: Eltern von Hanna leiden 

In der Tat ist der Prozesstag sichtlich schwierig für Hannas Eltern, die sich meist an den Händen halten. Schließlich ziehen diese juristischen Volten das Verfahren in die Länge. Wobei das für den Angeklagten auch gelinde gesagt nicht immer günstige Folgen hat. Immer wieder hatte Rick Beweisanträge gestellt, die T. letztlich nicht entlasteten. Im Gegenteil: Die Anträge führten sogar oft dazu, dass es wahrscheinlicher aussah, dass die Version der Staatsanwaltschaft auch die reale ist.

Um das Verfahren, das eigentlich schon vor Weihnachten hätte enden sollen, zu einem Abschluss zu bringen, sollte Rick alle weiteren Beweisanträge am Donnerstag stellen. Tatsächlich werden neun Anträge verlesen sowie ein Beweisantrag der Staatsanwaltschaft. Erstere machen zum Teil einen konfusen Eindruck. Da wird die Aussage des hydromechanischen Experten von der Bundeswehr-Universität plötzlich infrage gestellt – obwohl Rick eben jenen extra angefordert hatte.

Es wirkt so, als würde sie nach der Nadel im Heuhaufen fischen und weiterhin Dinge infrage stellen, zu denen schon zahlreiche Zeugen ausgesagt hatten. So wird nach wie vor bezweifelt, dass Hannas Verletzungen von einem Überfall kommen, sondern es sich stattdessen um Treibeverletzungen im Wasser handelt. Dazu soll Klaus Püschel, ein renommierter Gerichtsmediziner aus Hamburg, ein Gutachten erstellen.

Prozess in Traunstein: Darf die Verteidigung Bilder weitergeben? 

Walter Holderle, Anwalt von Hannas Eltern, die als Nebenkläger auftreten, findet nicht in Ordnung, dass Unterlagen aus dem Prozess einfach so nach Hamburg weitergeleitet werden, und behält sich vor, dagegen vorzugehen.

Ebenso verweist Rick in einem anderen Antrag auf einen 19-Jährigen, der 2021 an Silvester in der Traun bei Traunstein ertrunken ist und ähnliche Verletzungen wie Hanna gehabt haben soll. Den Hinweis haben die Verteidiger von T.  per Email von einem Prozessbeobachter aus der Bevölkerung erhalten.

Irritierend: Als ein Überwachungsvideo angesehen wird, das ihren Mandanten entlasten soll, schaut Rick gar nicht auf den Bildschirm, kriegt überhaupt nichts von dem kurzen Film mit. Schließlich sagt nochmals ein digitaler Forensiker aus. Nein, auf dem Handy des Angeklagten wurde zur Tatzeit kein Youtube-Video angesehen – das mögliche Alibi ist weg. Laut NDR ist Strate "der Mann für die schwierigen, die scheinbar aussichtslosen Fälle". Möglicherweise kommt bald einer dazu.

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