Ex-Justizminister muss vor Gericht erscheinen

Manfred Weiß (65) aus Roth fühlt sich vom Inhalt eines Plakats verleumdet. Darin wird er als „Lügner“ bezeichnet. Ein hanebüchener Mammut-Prozess steht an.
NÜRNBERG Aus einer öffentlich vorgetragenen Politikerschelte entwickelt sich ein hanebüchener Mammut-Prozess. Im Mittelpunkt des Strafverfahrens wegen angeblicher Verleumdung steht ausgerechnet der Mann, der bis vor wenigen Jahren als Minister an der Spitze der bayerischen Justiz stand: der Rother CSU-Politiker Manfred Weiß (65).
Angeklagt sind ein Bäcker (39) und ein ehemaliger Verwaltungsangestellter (57) aus Heideck (Kreis Roth). Sie hatten bei zwei Gelegenheiten, einmal anlässlich des CSU-Parteitages in Nürnberg, ein Plakat entrollt, auf dem der Ex-Minister und derzeitige CSU-Kreisvorsitzende von Roth als Lügner bezeichnet wurde. Erst mit einiger Verzögerung erstattete Weiß eine Anzeige, wegen Beleidigung. Bis dahin hatten die Ermittlungsbehörden die Angelegenheit eher als Bagatelle angesehen.
Juristischer Zickzack-Kurs
Hintergrund der Plakat-Aktion war die Tatsache, dass Weiß rund 50 Heidecker Bürgern versprochen hatte, sie in die CSU aufzunehmen. Die potenziellen Neumitglieder wollten dadurch eine Mehrheit schaffen, um einen unerwünschten Landtagskandidaten aus dem Rennen zu werfen. Weiß konnte sein Versprechen nicht einhalten – und sah sich nun mit dem Etikett eines Lügners versehen.
Die Anzeige hatte einen juristischen Zickzack-Kurs zur Folge. Eine Staatsanwältin stellte das Verfahren ein, ihr Nachfolger, erst wenige Wochen im Amt und zufällig CSU-Mitglied, rollte es wieder auf. Das Amtsgericht stellte das Verfahren dann wieder ein, das Landgericht nahm es erneut auf. Weil weder Staatsanwalt noch „Verleumder“ zu einem Kompromiss bereit sind, müssen nun zahllose Zeugen vernommen werden – auch Ex-Minister Weiß. hr