Europas Jungbrunnen: "Zuagroaste" retten Bayerns Zukunft
MÜNCHEN - Europa leidet unter seiner überalterten Bevölkerung. Ganz Europa? Nein! Nur das unbeugsame Bayern nicht. Was sich hier so lustig anhört, könnte bald Wirklichkeit werden.
Eckart Severing, Geschäftsführer des Forschungsinstituts Betriebliche Bildung in Nürnberg, stellte eine abenteuerliche These auf: der Demografiewandel trifft in Bayern erst zehn Jahre später ein als im restlichen Europa. Der Grund: Der Zuzug junger Menschen stoppt die Überalterung der bayerischen Gesellschaft.
Denn aufgrund der guten Konjunktur gilt Bayern inzwischen als Mekka der Arbeit und zieht zahlreiche arbeitssuchende Jugendliche an. Diese kommen besonders aus den Neuen Bundesländern, aber auch aus anderen strukturschwachen Regionen. Dennoch ist die Zahl der Arbeitssuchenden aus Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt auffällig hoch. Was jedes Wochenende auf den Autobahnen zu bestaunen ist: ganze Karawanen von Autos machen sich nach Norden auf, damit die Jugendlichen wenigstens das Wochenende zuhause verbringen.
Martin Dücker, 25 Jahre alt, kommt aus Mittweida in Sachsen. Der Automechaniker arbeitet seit sieben Jahren bei einem Münchner Auto-Unternehmen. „Ich fahre zwar nicht jedes Wochenende nach Hause, aber mindestens zweimal im Monat“, erklärt er. Der Grund für seine Abkehr von Sachsen ist einfach: „In München verdiene ich einfach mehr als zuhause“.
Allerdings müssen die „Zuagroasten“ auch in Bayern bleiben, damit sich Severings Prophezeiung erfüllt. „Wieder zurück gehen? Dann müssten erstmal die Löhne stimmen“, denkt Dücker. Denn obwohl er in Sachsen einen gleichen Arbeitsplatz bekommen würde, wäre die Bezahlung dort schechter. So wie Dücker denkt, denken viele. Deshalb sind in München zahlreiche Kassiererinnen, Friseure und Bauarbeiter aus dem Osten zu sehen und hören.
Was den zugereisten Jugendlichen ein finanzieller Vorteil ist, wird bestimmt unser Nachteil sein, könnte manch alteingesessener Bayer denken. Doch dank Eckart Severinger ist jetzt klar: von der Symbiose zwischen Einheimischen und „Zuagroasten“ bekommen alle etwas ab.
Felix Schirrmann
- Themen: