Erste Ergebnisse aus Studie "Covid Kids Bavaria": "Kinder waren keine Virenschleudern"

Die Studie "Covid Kids Bavaria" wirft erstmals flächendeckend einen Blick auf Kitas und Schulen. Nun gibt es erste Erkenntnisse.
von  Lisa Marie Albrecht
So sieht es im Frühjahr 2020 in vielen Kinderzimmern aus: Ein kleines Mädchen blättert allein in einem Buch.
So sieht es im Frühjahr 2020 in vielen Kinderzimmern aus: Ein kleines Mädchen blättert allein in einem Buch. © imago images/Fotostand

Manchmal sind es die Ereignisse, die nicht eintreten, die eine besonders hohe Aussagekraft haben. So in etwa lässt sich zusammenfassen, was Professor Christoph Klein, Direktor der Klinik für Kinderheilkunde am LMU-Klinikum München, der Abteilungsleiter für Infektiologie der Klinik für Kinderheilkunde, Professor Johannes Hübner, und viele weitere in den vergangenen anderthalb Jahren erforscht haben.

Mehr als 150 Einrichtungen waren Teil der Studie

Seit Sommer 2020 haben die sechs bayerischen Universitäts-Kinderkliniken - neben dem LMU-Klinikum waren das die Abteilungen von TUM, Würzburg, Regensburg, Augsburg und Erlangen - in der Corona-Studie "Covid Kids Bavaria" in mehreren Erhebungen das Pandemiegeschehen in 150 KiTa-Einrichtungen und Grundschulen mittels PCR-Testungen erforscht.

Die zentrale Erkenntnis: "Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Kinder die Virenschleudern waren, für die einige sie gehalten haben", sagte Klein gestern bei der Vorstellung erster Studienergebnisse im Presseclub München. Dies hätten die insgesamt drei Testungswellen im Oktober 2020, in der Vorweihnachtszeit sowie im März und April 2021 ergeben.

Hierbei wurden 2.570 Kinder und 1.290 Erziehende sowie Lehrpersonal mittels individueller PCR-Tests auf eine Covid-Infektion untersucht.

Es gab nur wenige Corona-Fälle

Von mehr als 7.000 in der Studie ausgewerteten PCR-Tests fielen im gesamten Zeitraum lediglich 13 positiv aus. Bei den positiven Testungen hätte es sich größtenteils um bereits bekannte Infektionen gehandelt, die durch Routinekontrollen aufgefallen waren, so LMU-Kinderklinikdirektor Klein.

Zwar gibt der Professor zu, dass eine gewisse Verzerrung der Ergebnisse nicht auszuschließen sei. Etwa ein Viertel von Kindern und Personal in den Einrichtungen und Schulen habe an der Studie freiwillig teilgenommen, so Klein - dies könne den Verdacht nahelegen, dass es sich dabei um jenen Teil handele, der ohnehin in der Pandemie besonders umsichtig agiere.

Es habe sich aber gezeigt, dass diese Verzerrung nicht allzu sehr ins Gewicht falle und die Ergebnisse durchaus als repräsentativ gelten können. Das Infektionsgeschehen an den Grundschulen und Betreuungsstätten bilde im Wesentlichen das Infektionsgeschehen in der Bevölkerung ab.

In der Zwischenzeit hat sich Einiges geändert

Johannes Hübner, Chef der Infektiologe in der LMU-Kinderklinik, gab zu bedenken, die Studie sei "ein Kind ihrer Zeit" und die Ergebnisse nur bedingt auf die heutige Pandemiesituation anwendbar. Getestet wurde in der Phase vor der neuen Omikron-Variante des Coronavirus, die letzte Testung erfolgte am Beginn der Delta-Welle. "Natürlich haben sich viele Dinge geändert", so Hübner. "Vieles aber eben auch nicht."

So seien Sicherheitsmaßnahmen und Übertragungswege die gleichen geblieben. Erste internationale Studien zur derzeitigen Omikron-Welle deuteten zudem darauf hin, dass Kinder auch aktuell keine Pandemietreiber seien.

Auch Klein weist darauf hin, dass die Ergebnisse nicht "eins zu eins übertragbar" seien und die Lage vor dem Hintergrund der Omikron-Variante neu bewertet werden müsse.

Corona-Experten einig: Kitas und Schulen müssen offen bleiben

Dennoch, so sind die Wissenschaftler überzeugt, müsse die Strategie, Kitas und Schulen nach Möglichkeit offen zu halten, beibehalten werden - auch mit Blick auf die psychischen Folgen einer Isolation daheim für Kinder und wie Eltern. Auch damit beschäftigt sich die Studie, die Fragebögen werden derzeit noch ausgewertet. Der erste Trend, so Klein, zeige, dass die Schließung der Einrichtungen sehr belastend für diese Bevölkerungsgruppe gewesen sei und sich auch die Kindergesundheit insgesamt verschlechtert habe.

"Die Kollateralschäden sind uns bewusster geworden", ergänzte Hübner. Somit könne man heute auch besser auf die neue Situation durch Omikron reagieren.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.