Erschossene Elfjährige: "Janina war ein Engel auf Erden"

Wer an Silvester in Unterschleichach ein elfjähriges Mädchen erschossen hat, ist immer noch unklar. Jetzt appelliert die Mutter an den Täter: „Er soll sich stellen!“  
Natalie Kettinger |
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„Das war meine Janina. Sie hatte ihr ganzes Leben noch vor sich.“ Magdalena M., die Mutter der getöteten Elfjährigen, hat ein Foto ihres Kindes auf den Küchentisch gestellt und davor Kerzen angezündet.
NEWS5 / Herse „Das war meine Janina. Sie hatte ihr ganzes Leben noch vor sich.“ Magdalena M., die Mutter der getöteten Elfjährigen, hat ein Foto ihres Kindes auf den Küchentisch gestellt und davor Kerzen angezündet.

Wer an Silvester in Unterschleichach ein elfjähriges Mädchen erschossen hat, ist immer noch unklar. Jetzt appelliert die Mutter an den Täter: „Er soll sich stellen!“

Oberaurach - Kurz nach Mitternacht ruft Magdalena M. (36) ihre Tochter Janina an, die zum ersten Mal allein mit Freunden Silvester feiert. Sie wünscht ihr ein gutes neues Jahr. „Mama, ich habe sehr viel Spaß und erzähle dir morgen alles, so wie immer nach dem Frühstück“, sagt die Elfjährige vergnügt. „Ich liebe dich“, sagt Magdalena M. „Ich dich auch“, antwortet ihr Kind.

 

"Ich liebe dich" - Die letzten Worte zwischen Mutter und Tochter

 

Es sind die letzten Worte zwischen Mutter und Tochter. Keine Stunde später wird Janina von einer Kleinkaliber-Kugel am Kopf getroffen – und stirbt.

Auch drei Tage nach dem tödlichen Schuss hatte die Polizei am Montag noch keine heiße Spur. Die Kripo Schweinfurt hat eine 50-köpfige Sonderkommission gegründet. Sie heißt „Unterschleichach“, wie der Ortsteil von Oberaurach im Kreis Hassberge, in dem Janina umgebracht wurde.

Lesen Sie hier: Drama in Oberaurach - Janina (11) an Silvester erschossen

Ihre Mutter hat sich in einem Interview mit dem Nachrichtenportal News5 nun direkt an den oder die Täter gewandt. „Die oder derjenige sollen wissen, dass sie mir meine Tochter, mein Leben, weggenommen haben und ich weiß nicht, wie ich weiterleben soll“, sagt Magdalena M. „Er soll sich auf jeden Fall stellen. Er wird bis zum Ende seines Lebens meine Tochter auf dem Gewissen haben und das einzig Gute, was er jetzt noch tun kann, ist, sich zu stellen.“

Magdalena M., die als Servicekraft arbeitet, hat Janina Jahre lang allein großgezogen. Das Mädchen ging in die fünfte Klasse, sang und fotografierte gerne. Um ihr Taschengeld aufzubessern, jobbte Janina in der Nachbarschaft als Babysitter. In drei Wochen wäre sie zwölf Jahre alt geworden.

 

Janina war ein "Sonnenschein"

 

„Sie war ein Sonnenschein, nicht nur für mich, sondern für alle“, sagt die Mutter. „Sie war so liebenswert, so aufmerksam – wie ein Engel auf der Erde.“

Den Silvesterabend wollte Janina unbedingt bei Schulkameraden und deren Mutter in Unterschleichach verbringen. Magdalena M., ihr neuer Lebensgefährte und der kleine Sohn feierten bei Verwandten. „Ich wollte nicht egoistisch sein“, sagt Janinas Mutter. „Ich dachte, wenn sie mit uns geht, wird sie sich langweilen, weil nur kleine Kinder und Erwachsene da sind.“ Bis kurz nach Mitternacht hielten Mutter und Tochter telefonisch Kontakt.

Dann erreichte Magdalena M. der Anruf, der alles veränderte: Janina sei ohnmächtig zusammengebrochen. Man fahre sie ins Krankenhaus. Anscheinend sei sie von einem Feuerwerkskörper verletzt worden.

Bis zum Morgengrauen wartet die Mutter in der Klinik auf Neuigkeiten, während die Ärzte im OP um Janinas Leben kämpfen. „Dann kam der Arzt nach fünf oder sechs Stunden OP und er sagte, man habe ein Stück Metall gefunden. Jetzt müsse die Polizei kommen und schauen, ob das ein Unfall oder etwas anderes war.“

Lesen Sie hier: Vater erschießt Tochter (16) mit Schrotflinte

Gegen 7.15 Uhr wird Janina auf die Intensivstation verlegt. Ihr Zustand ist alles andere als stabil. Die Mutter betet darum, dass ihr Kind wieder aufwacht. Vergeblich. Schließlich habe ein Arzt sie mitgenommen, „in den Raum, wo ich mit meinen engen Freunden war, und dann sagte er mir, dass meine Tochter tot sei.“

Magdalena M. ringt um Fassung. „Ich kann nicht glauben, dass das wirklich passiert ist. Ich denke die ganze Zeit, dass meine Tochter gleich nach Hause kommt und alles erzählt und ich sie wieder in die Arme nehme.“ Doch Janina wird nie wieder nach Hause kommen – und die Ermittler der Soko „Unterschleichach“, zu der auch zwei Gutachter des Landeskriminalamtes (LKA) gehören, können nur noch eines für die verzweifelte Mutter tun: den Täter finden.

Die beiden LKA-Experten sollen unter anderem anhand der Wunde bestimmen, aus welcher Richtung der tödliche Schuss kam. „Ob es ein Querschläger gewesen sein könnte, ist offen. Da können wir noch nichts Belastbares sagen“, so ein Polizeisprecher.

 

Etliche Überprüfungen stehen an

 

In den kommenden Tagen werden die Ermittler an zahlreiche Türen der Region klopfen: „Wir überprüfen die Menschen in der näheren Umgebung, die eine Waffenbesitzkarte haben“, sagt der Sprecher. Welche Personen kontrolliert würden, werde derzeit noch mit den Landratsämtern abgestimmt. Auch der konkrete Radius für die Überprüfungen müsse noch festgelegt werden.

Eine Waffenbesitzkarte muss jeder haben, der eine Waffe daheim hat – etwa die Mitglieder des Schützenvereins im Nachbarort. Wer sie auch in der Öffentlichkeit führen will, braucht einen Waffenschein.

Lesen Sie hier: Erschossene Janina - Polizei noch ohne heiße Spur

Für Montagabend hatte die dritte Bürgermeisterin der Gemeinde Oberaurach, Sabine Weinbeer, ein Rosenkranzgebet für das getötete Mädchen organisiert. Es war in der kleinen Kapelle des Ortsteils Unterschleichach vorgesehen. Anschließend sollte es eine Lichterprozession zum Tatort geben.

Mutter Magdalena M. hofft weiterhin, dass derjenige ermittelt wird, der ihre Tochter getötet hat. „Er soll mein Kind anschauen: Das war meine Janina, die hatte das ganze Leben vor sich“, sagt sie. „Ihr mit eurer Spielerei habt Janinas Leben beendet und damit auch meines. Jetzt weiß ich nicht, wie es weitergehen soll.“

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