Erneute Wolfssichtung: Bayern und Österreich machen jetzt gemeinsame Sache

Berchtesgaden - Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber und Österreichs Agrarminister Norbert Totschnig haben sich bei einem Strategietreffen im Berchtesgadener Talkessel am Obersalzberg darauf verständigt, ihre Agrarpolitik noch enger aufeinander abzustimmen. Ein Eckpunktepapier soll die gemeinsamen Ziele aufzeigen.
Wie man gemeinsam in Richtung Brüssel arbeiten kann, das beratschlagten Kaniber und Totschnig bei ihrem Treffen am Berg. Die Landesinteressen auf EU-Ebene sieht Kaniber nicht ausreichend vertreten. Der sich ausbreitende Wolf ist dabei eines von vielen Themenfeldern, das ihr sauer aufstößt. In Totschnig sieht Kaniber einen Verbündeten auf EU-Ebene.
Was der Green Deal für Deutschland bedeutet
Die Auswirkungen des Green Deals auf Produktionsgrundlagen und die regionalen Wirtschaftskreisläufe müssten laut beider Minister besser bewertet und berücksichtigt werden. Europa fit für die Zukunft zu machen, das begrüßt Kaniber. "Würden wir aber alle Strategiepapiere umsetzen, kann dies bedeuten, dass wir 28 Prozent weniger Getreide in Deutschland hätten, 30 Prozent weniger Rindfleisch. Wo das alles hinführen kann bei einer stetig wachsenden Bevölkerung, muss ich nicht erklären", sagte die Staatsministerin.
Nicht nur die Frage der Ernährung treibt Kaniber um, sondern auch der Wald: 30 Prozent der Flächen in Wald und Flur stillzulegen? "Das würde bedeuten, dass wir den Rohstoff Holz in vielen Bereichen nicht mehr nutzen könnten." Als "gewaltige Ohrfeige" bezeichnet sie Deutschlands Ablehnung zum Entschließungsantrag in Sachen Wolf. 17 Staaten hatten dieses unterzeichnet, Deutschland nicht. "Die Populationsgrößen nehmen in einer Geschwindigkeit zu, die uns schier Angst macht", sagte sie.
Wolfssichtung in Neukirchen und Bischofswiesen
In Ainring war er. Kürzlich riss der Wolf zwei Schafe in Neukirchen bei Teisendorf. Vergangene Woche wurde das erste Mal ein Wolf in Bischofswiesen gesichtet – an einem Bauernhof, so Kaniber. Das bestätigt auf Nachfrage Hans Gruber, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes im Berchtesgadener Land: "Der Wolf löste den Bewegungsmelder der Beleuchtung aus", sagte Gruber. Als die Bewohner nachsahen, sei das Tier davongelaufen. Einen offiziellen Nachweis gibt es noch nicht.
Der Wolf wird zum Sicherheitsthema
Gerade im Alpenraum setze der strenge Schutzstatus des Wolfs die Arbeit der Landwirte und ihre Existenzen aufs Spiel. "Österreich nimmt uns hier unter den Schutzschirm der Alpenregionen", sagte Kaniber. "Es ist jetzt eine Evaluierung notwendig und man muss zur Kenntnis nehmen, dass es Auswirkungen gibt durch die Populationszunahmen", sagte Amtskollege Norbert Totschnig. Die Thematik sei zum Sicherheitsthema geworden.
Keine Duldung von Rudelbildung
"Wenn Großraubtiere da sind, braucht man ein vernünftiges Management", so Totschnig. Rudelbildung im Alpenraum? "Können wir nicht dulden", sagen die Minister. Es dürfe nicht sein, dass in Betrieben Überlegungen stattfinden, aufzuhören – sei es des Wolfes wegen oder weil wirtschaftliches Arbeiten durch überbordende Regelungen erschwert wird. "Jeder Hof, der wegbricht", sei einer zu viel, so Totschnig.
Es gebe bereits solche Regionen: "Dann ziehen die Leute weg, die Region ist dann nicht mehr attraktiv." Und weiter: "Österreich und Bayern halten zusammen." Es sei erforderlich, sich in Europa mit starker Stimme aufzustellen. "Der Konsument will eine nachhaltig wirtschaftende Landwirtschaft mit bäuerlichen Familienbetrieben, keine Industrie."