Einheimischer über Ansturm am Eibsee: „Von Jahr zu Jahr schlimmer“

Was es bedeutet, eine der beliebtesten Urlaubsregionen Deutschlands zu sein, hat sich am Wochenende am Fuß der Zugspitze gezeigt: Volle Parkplätze, Staus, überall Menschen, die zum Eibsee in der Gemeinde Grainau wollen. Dazu Ausflügler, die dicht an dicht in den Bussen stehen. Und davor weitere Wartende, die auch noch hineindrängen. Obwohl eh schon nichts mehr geht.
In Sozialen Medien verbreiten sich gerade nicht nur schöne Urlaubs-Selfies aus Oberbayern, sondern es werden die Auswüchse des Massentourismus rund um den höchsten Berg Deutschlands angeprangert.

Andreas Neuner (17) kommt aus Grainau, wohnt also genau dort, wo andere gern Urlaub machen. Er hat die Facebook-Gruppe „Verkehrsmeldungen Lkr. GAP und Außerfern“ gegründet. Ihm ist es ein Anliegen, auf die Folgen von übermäßigem Tourismus aufmerksam zu machen.
Er schreibt am Wochenende zum Beispiel in einem Beitrag: „Was heute am Eibsee abging, ist nicht mehr normal. Einige hier finden es lustig, wie die Menschen (...) sich fast geprügelt haben, um in den Bus zu kommen.“ Und: „Habt doch mal Respekt vor unseren Busfahrern.“
"Habt doch mal Respekt vor unseren Busfahrern"
Die AZ hat mit dem jungen Mann gesprochen. Er schildert, er sei am Samstag um 13 Uhr Richtung Eibsee gegangen. „Da hat es sich schon relativ weit gestaut.“ Er schätzt ein bis zwei Kilometer. „Als ich am Eibsee angekommen bin, war alles voller Menschen.“
Er empfand die Stimmung an der dortigen Bushaltestelle als leicht aggressiv. Die Menschen mussten länger warten, die Busse standen selbst im Stau. Noch schlimmer sei es am Sonntag gewesen, als die Wasserwacht mit einem Fahrzeug raus wollte, das aber nicht sofort möglich war. Wegen der Menschen und der Autos.
Busse "von vorne bis hinten voll"
Er hat dazu ein Video geteilt, das den Wagen langsam fahrend zeigt, auf der Straße gehen Fußgänger. Es dauert etwas, bis die Wasserwacht schließlich freie Fahrt hat.

Neuner sagt weiter: „Die Gelenkbusse waren von vorne bis hinten voll und es mussten immer noch mehr als 50 Menschen draußen warten.“ Die Leute seien pöbeliger geworden, auch Beleidigungen gegen Busfahrer soll es gegeben haben. Vom Bus-Unternehmen bekam die AZ zunächst keine Rückmeldung.
"Wir brauchen die Urlaubsgäste" - aber ...
Seine Einschätzung als junger Anwohner: „Es wird von Jahr zu Jahr schlimmer.“ Er wirkt bedacht, wenn er mit Blick auf den Tourismus sagt: „Wir brauchen die Urlaubsgäste, die hier Urlaub machen und bei uns Geld da lassen. Was wir nicht brauchen: die Tagestouristen.“
An extremen Tagen, so schildert es Neuner, werde auch mal in oder vor Einfahrten geparkt und in Wiesen. „Wenn man Touristen höflich darauf anspricht, wird man meist nur blöd angepöbelt.“
Macht es ihm noch Spaß, zum Eibsee zu gehen, wenn dort so viele Ausflügler sind? „Nein“, sagt er ehrlich. „Privat gehe ich gar nicht mehr zum Eibsee - wegen der Überfüllung.“

Die AZ hat bei Polizei, Wasserwacht und Zugspitzbahn nachgefragt. Dort ist man scheinbar schon einiges gewöhnt. Zusammengefasst: Ja, es ist gerade viel los. Aber wirklich überraschend ist das nicht. Stichwort: Sommer, Ferien, gutes Wetter.
Laura Schaper, Pressesprecherin der Bayerischen Zugspitzbahn, teilt der AZ mit: „In den Sommermonaten gibt es generell eine sehr hohe Nachfrage für die Verkehrsmittel zum Eibsee.“ Was die Beförderungsmöglichkeiten der Bayerischen Zugspitzbahn Bergbahn AG (BZB) mit der Zahnradbahn angehe, „reicht die vorhandene Kapazität nicht aus, um an Hochbetriebstagen alle potenziellen Gäste zum Eibsee beziehungsweise insbesondere auch am Abend wieder zurückzubefördern“.
"Ticketverkauf mit Endziel Eibsee wurde eingestellt"
Die Folge: An solchen Tagen mit hohem Betrieb „ist entsprechend damit zu rechnen, dass das Kontingent für Teilstrecken-Tickets schnell ausgeschöpft ist und nicht alle Gäste mit Endziel Eibsee befördert werden können“.
Genau das sei am Samstag und Sonntag der Fall gewesen, „der Ticketverkauf mit Endziel Eibsee wurde eingestellt“. Dies habe aber nur die Teilstrecke bis zum Eibsee betroffen, Tickets für die Bergfahrt auf die Zugspitze seien weiterhin regulär verfügbar gewesen.

Das Fazit vonseiten der Zugspitzbahn: „Die hohe Nachfrage ist in den Hochbetriebsmonaten nicht außergewöhnlich und im regulären Gastbetrieb auf der Zugspitze war es dem Wetter entsprechend ein normales August-Wochenende in den Sommerferien unter Höchstkontingent.“
In der Region kennt man das Problem
Das BRK Garmisch-Partenkirchen weiß auf AZ-Anfrage zunächst nichts davon, dass die Wasserwacht am Wochenende nicht zu einem Einsatz durchgekommen wäre. Ebenso wenig hat die Garmischer Polizei dazu etwas vermerkt. Ein Polizeisprecher aus Garmisch sagt der AZ, er könne sich vorstellen, „dass es durchaus voll gewesen ist“. Die festgehaltene Einsatzlage lasse aber nicht darauf rückschließen, „dass wir einen massiven Stau Richtung Eibsee hatten“.
Der Polizeisprecher sagt grundsätzlich: „Fakt ist: Es ist eine Sackgasse zu einem Parkplatz. Es gibt entsprechende Parkraum-Beschilderungen im Vorfeld.“ Soll heißen: Wenn man in Richtung Eibsee fährt, wird man darauf hingewiesen, ob noch Parkplätze frei sind. „Erfahrungsgemäß fahren die Leute trotz der Beschilderung zum Eibsee. Dann steht man im Stau, weil es ja kein Scherz gewesen ist, dass es keine Parkplätze mehr gibt.“
Für August werden 80.000 Besucher erwartet
Und die Urlaubssaison ist noch nicht vorbei: Für den Monat August erwartet die Zugspitzbahn insgesamt rund 80.000 Besucher. Jährlich kommen rund 650.000 Gäste dorthin. Schapers Tipp: möglichst vor zehn bis elf Uhr kommen. Sollte man das Wochenende meiden? Ob großer Andrang herrscht oder nicht, sei „eher abhängig vom Wetter als vom Wochentag“.