Einfach Liebesbeziehungen

Ein deutsch-irakischer Schmusesänger zeigt sich von einer neuen Seite: Mit dem Album „Session“ kommt er in die Fürther Stadthalle.
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Bohrt sich mit eigenem Anspruch in Erfolgs-Songs von Kollegen: Laith Al-Deen, der zum Konzert in die Fürther Stadthalle kommt.
Stefan Prager Bohrt sich mit eigenem Anspruch in Erfolgs-Songs von Kollegen: Laith Al-Deen, der zum Konzert in die Fürther Stadthalle kommt.

NÜRNBERG - Ein deutsch-irakischer Schmusesänger zeigt sich von einer neuen Seite: Mit dem Album „Session“ kommt er in die Fürther Stadthalle.

Session" heißt sein neues Album. Laith Al-Deen stellt hier die Songs anderer Künstler vor. Neuinterpretiert im intimen Retro-Soul-Gewand. Liebevoll rau, völlig unpathetisch, also überraschend für einen, der mit dem Stigma Schmusesänger auf der Karrierestirn herumlaufen muss. Mit Songs von Nationalgalerie bis Sting schafft es der Deutsch-Iraker der Essenz nahezukommen. Am 27. Oktober singt er in der Fürther Stadthalle.

AZ: Laith Al-Deen, wie können Sie Ihre musikalische Neuausrichtung beschreiben?

LAITH AL-DEEN: Ich würde es nicht als Neuausrichtung bezeichnen, sondern als eine Art Ausflug. Beim Covern hat man die Möglichkeit, sich über Worte von anderen trotzdem musikalisch selbst ausdrücken.

Wann war klar, dass das Album englisch-deutsch gemischt wird?

Von vornherein. Ich würde einen großen Teil meiner musikalischen Vergangenheit leugnen, wenn ich nur deutschsprachige Titel auf das Album genommen hätte.

Welche Sprache ist denn singbarer?

Die englische Sprache erlaubt mehr Nachlässigkeiten. Bei einem Drittel der Aufnahmen war ich massiv erkältet. Bei den englischsprachigen Sachen kriegt man das kaum mit. Deswegen haben wir die deutschsprachigen Sachen erst später aufgenommen.

Im klassischen Soul werden oft Mini-Dramen erzählt.

Wenn man sich eine Nummer wie „Oh Yeah" von Roxy Music anschaut: Als klassische 80er-Produktion ist sie weit weg vom Blues. Wir hatten sie erst als Tom-Petty-Nummer angelegt, viel Gitarren, sehr gerade. Das hat überhaupt nicht funktioniert. Wir haben dann zweimal diesen Blues gespielt und die erste Version genommen. Und ich habe zum ersten Mal verstanden, dass der Song ein waschechter Blues ist. Es lernen sich zwei kennen. Es ist alles toll. Sie geht wieder. Und er steht alleine da.

Könnte man Ihr Album denn als Suche nach dem Soul in den verschiedenen Genres beschreiben?

Weniger als Suche. Bei „Prayer For The Dying“ von Seal haben wir versucht, End-60er-Soul-Sound auf die Nummer zu projizieren, da ich großer Curtis-Mayfield-Fan bin.

Was muss Soul ausdrücken?

Wenn ich eine Curtis-Mayfield-Platte auflege, komme ich vom ersten Ton an. Empfinde innere Wärme und kann mich da hineinfallen lassen. Bei Reggae ist das ähnlich.

Gerade bei den deutschen Soul-Versuchen in letzter Zeit wird doch Gefühl mit Gefühligkeit verwechselt.

Das ist richtig. Soul ist etwas, was man nicht so nachstellen kann. Vor allem, wenn man sich überlegt, dass die Geschichte aus einem Glaubenshintergrund kommt. Das auf andere Bereiche des Lebens zu übertragen, ist nicht ganz einfach und wird auch oft mit musikalischen Kunststücken verwechselt. Da bleibt die Emotion oft für Kapriolen auf der Strecke.

Ray Charles hat ja einfach das Wort „Jesus“ durch „Baby“ ersetzt. Ist der Übergang vom Gospel zum Soul tatsächlich so einfach?

Bei Xavier Naidoo ist die Auslegung oft sehr ambivalent vonstatten gegangen. Natürlich lässt sich Liebe auch im Sinne von Glauben auslegen. Dadurch entsteht auch eine Art Zweierbeziehung. Vielleicht ist das für den ein oder anderen die bessere Herangehensweise an Glauben: Es einfach als Liebesbeziehung zu sehen.

Wie moralisch bedenklich darf denn Soul sein?

Er muss vor allem ehrlich sein. Bei „Let's Get It On" von Marvin Gaye geht es um Sex und sonst nix. Man kann überlegen, ob man das jetzt als Sinn der Schöpfung ausleuchten müsste, aber man betrachtet es doch ungerne von dieser technischen Seite. Da geht es um schöne Empfindungen, die der Mensch nun mal hat und auch ganz gerne mit anderen teilt. Also: Alles ist drin, solang man im Rahmen des Geschmackvollen bleibt.

Wie haben sie den neuen Sound entwickelt?

Meine ersten Demo-Aufnahmen habe ich mit einer Bandmaschine gemacht, und ich wusste: Man muss gut vorbereitet sein. Als feststand, wir haben mit dieser Bandkonstellation nur 13 Tage Zeit, war klar: Es müssen viele Entscheidungen getroffen werden.

Klingt, als wäre das die konzentrierteste Form zu arbeiten.

Es standen 40 Songs im Raum, ausgewählt aus 200. Als erstes haben wir „Luka" aufgenommen, das sich während des Produktionsprozesses noch ein paar Mal weiterentwickelt hat. Drumherum schloss sich der ganze Rest an. Ende der ersten Woche hatten wir den Sound gefunden. Und dann bestand die Aufgabe darin, an einem Tag zwei Nummer aufzunehmen. Deswegen hat das ganze Ding einen ziemlichen Guss bekommen.

Christian Jooss

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