Eine Stadt ist hilflos gegen den Lkw-Horror

Immer mehr Schwerlastverkehr donnert durchs romantische Dinkelsbühl – die Bewohner fühlen sich im Stich gelassen.
von  Abendzeitung
Durch Dinkelsbühl wälzt sich eine nicht enden wollende Lkw-Schlange. Den Bürgern stinkt’s gewaltig, sie wollen die Mautpreller von der auf die Autobahn drängen.
Durch Dinkelsbühl wälzt sich eine nicht enden wollende Lkw-Schlange. Den Bürgern stinkt’s gewaltig, sie wollen die Mautpreller von der auf die Autobahn drängen. © dpa

Immer mehr Schwerlastverkehr donnert durchs romantische Dinkelsbühl – die Bewohner fühlen sich im Stich gelassen.

DINKELSBÜHL Seit der Einführung der Lkw-Maut auf Deutschlands Autobahnen rollt Lastzug an Lastzug durch das romantische Dinkelsbühl. Das bedeutet: Stau, Lärm und unerträgliche Erschütterungen für die Anwohner. Oberbürgermeister Christoph Hammer (CSU) spricht von einer verfahrenen Situation und fordert von der Bundesregierung eine generelle Sperrung von Bundesstraßen für den Mautausweichverkehr. Der Gesetzgeber habe das Problem für die Kommunen erst geschaffen, weil er die Konsequenzen der Lkw-Maut für die Bundesstraßen-Anrainer nicht bedacht habe, sagt Hammer.

OB Hammer: "Ein eiserner Vorhang"

Um die Maut auf den Autobahnen A 7 Würzburg-Ulm und A 6 Heilbronn-Nürnberg zu sparen, wählen vor allem Spediteure aus Nordschwaben die Ausweichroute durch die Große Kreisstadt im Landkreis Ansbach. Das Nachtfahrverbot, das die Stadt für den Schwerlastverkehr auf der B25 erlassen hatte, stufte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig im März als rechtswidrig ein. Gleichzeitig erklärte das Gericht aber eine Sperrung für prinzipiell zulässig, wenn durch den Mautausweichverkehr „erhebliche Beeinträchtigungen“ für die Anwohner entstünden. Die Richter gaben so zwar der Klage von zwölf Spediteuren aus dem Raum Augsburg/Donau-Ries statt. Sie bestärkten den Oberbürgermeister aber auch in seinem Kampf für die Sperrung der Bundesstraße 25 im Stadtgebiet.

Die Transportunternehmer widersprechen dem Verdach des Oberbürgermeisters, Mautpreller würden die B 25 benutzen. Reinhold Grötsch, der Geschäftsführer des Landesverbands Bayerischer Transport- und Logistikunternehmen (LBT) meint, die Stadt Dinkelsbühl habe es versäumt, sich rechtzeitig um eine Umgehungsstraße zu bemühen – das steigende Verkehrsaufkommen in Westmittelfranken sei schließlich absehbar gewesen. Die Lkws deswegen auf die Autobahn zu verbannen, hält Grötsch nicht nur für unwirtschaftlich, sondern auch für umweltschädlich. Die rund 60 Kilometer längere Strecke über die Autobahnen verursache zudem auch mehr unnötige Abgase.

OB Hammer spricht von einem „eisernen Vorhang“, der seine Stadt der Länge nach durchschneidet. Auch die Entwicklung der Stadt werde seiner Einschätzung zufolge durch den Lkw-Verkehr behindert. Besonders ältere Einwohner trauten sich wegen der vielen Lastwagen kaum mehr, die Straße zu überqueren. Entlang der Straße verstehe man oft sein eigenes Wort nicht mehr.

Die Transportunternehmer geben sich kampfbereit

Christa Lindenmeyer, die in einem kleinen Café an der B25 arbeitet, sieht im Lkw-Verkehr auch einen Standortnachteil für ihr Bistro: Wegen des Lärms und der Abgase wollten ihre Kunden oft nicht mehr draußen sitzen.

Die Regierung von Mittelfranken prüft derzeit den neuen Antrag auf Sperrung der B 25 für Lkw. Die Argumente der Sperrungsgegner würden dabei genauso berücksichtigt, wie die der Stadt Dinkelsbühl, erklärt eine Sprecherin der Behörde. Während OB Hammer auf einem Kongress der Logistikbranche versucht, für seine Position zu werben, geben sich die Transportunternehmer kampfbereit: Verbandsgeschäftsführer Grötsch kündigte bereits an, dass der LBT bei einer erneuten Sperrung der B 25 seine Mitglieder „in jeglicher Hinsicht unterstützen“ werde.

Inga Pflug

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