Ein Vorstoß ins Private
NÜRNBERG - "Ich hoffe, die Altersweisheit kommt später": Kabarettist Bernd Regenauer über die Fürther Premiere von „Unter Freunden“.
Mit seinem „Hang zur Theatralik“ und Tragikomik sei er einfach „kein Typ fürs Nummernkabarett“, hat der Nürnberger Bernd Regenauer für sich erkannt. Sein neues Solo „Unter Freunden“, das am Donnerstag, 9. Oktober, um 19.30 Uhr im Fürther Stadttheater Uraufführung hat, sei mehr denn je Kabarett-Theater. Jürg Schlachter, der in Erlangen „Ka Weiber, ka Gschrei“ und in Nürnberg die Puppen- „Zauberflöte“ von Thalias Kompagnons betreute, führt wieder Regie. Wir sprachen mit Regenauer über Freundschaft in oberflächlichen Zeiten.
AZ: Herr Regenauer, haben Sie Freunde?
BERND REGENAUER: Ja.
Braucht man Freunde?
Ja.
Warum?
Das kann ich nur aus meiner Warte heraus sagen: Ich habe einfach gerne vertraute Menschen um mich herum, wo ich mich geschützt unterhalten kann, wo ich mich fallen lassen kann.
Eignen sich Freunde dann als Spottzielscheiben?
Freunde sollte man nicht verspotten, echte Freunde schon gar nicht. Das ist auch die Grundtendenz des Programms. Dass man in der heutigen Wirrwarr-Welt gar nicht mehr erkennt, wo die guten Freunde sind. Dieses Dilemma ist für mich dann allerdings schon der Quell einer satirischen Betrachtung.
Müssen wir mit einem moralischen Solo rechnen?
Null. Es wird – denke ich, glaube ich, hoffe ich – ein Vergnügen. Der Protagonist ist schon ein Mensch, der im verzweifelten Kampf steht, unter Freunden etwas herzustellen, was im Grunde gar nicht mehr vorhanden ist.
Ist diese Erkenntnis der Beginn einsetzender Altersweisheit?
Ich hoffe, die Altersweisheit kommt später, weil ich ja dann auch später alt bin.
Den Titel könnte man ja als Rückzug ins Private deuten?
Es ist vielleicht ein Vorstoß ins Private. Ich wollte mich einfach mal einer Sache annehmen, die nicht nur mich beschäftigt und die in der Form monothematisch noch nicht sehr behandelt wurde.
Bedeutet das eine Auszeit vom Politischen?
Nein. Ich bin ja parallel mit dem Vorgängerstück „Selten so gedacht“ unterwegs. Das wird für mich auch eine neue Erfahrung.
Aber ärgern Sie sich nicht – mit Blick auf Bayern-Wahl und Banken-Krise –, kein politisches Programm gemacht zu haben?
Wir haben in den letzten Probephasen gemerkt, dass „Unter Freunden“ nichts vermissen lässt.
Was wollen Sie erzählen?
Es ist eine Sehnsucht nach Zusammenhalt. Der Wunsch, das Geborgene zu behalten, aber es nicht zu haben, weil die Menschen nur noch über SMS und sonstiges Kontakt halten. Es geht um dieses Sehnen und gleichzeitig die Hilflosigkeit, damit umgehen zu können.
Hört sich melancholisch an.
Natürlich, weil Sehnsucht dahinter steckt. Aber sie wird in einem unterhaltsamen Abriss all der Dinge aufgelöst, die jeder in seinem eigenen Privaten auch wieder erkennt.
Und das Handlungsgerüst sind die Spätfolgen des eigenen 50. Geburtstages?
Das war eben der rote Faden. Denn wo treffen sich alle, auch die abgelegten Freunde? Beim runden Geburtstag kommt alles zusammen, auch das, was nicht zusammengehört und nicht zusammenpasst.
Warum tun wir uns das an mit den Freundschaften?
Das ist eine gute Frage. Deswegen biete ich im Programm ja auch Rent-a-Friend an.
Ist dieser Jubilar im Zentrum weit weg von einem Nützel?
Er ist schon weit weg davon. Aber Nützel war auch ein Stück in mir. Und dieses Programm hat zweifelsfrei auch mit mir zu tun. Die Probleme, die Zeit-und Rastlosigkeit, die Freundschaftspflege, dauernd ein schlechtes Gewissen zu haben – das kennen ja alle!
Wie haben Sie denn den Tonfall diesem Grübeln angepasst?
Wer es bislang gesehen hat, sagt: Das ist mehr Regenauer denn je. Kann man natürlich fragen, was ist Regenauer? Ich glaube, mein Ding ist, Menschen genau zu beobachten. Wie ticken die Leute? Das war für mich schon immer das Wesentliche: das lustvolle Operieren mit Missverständnissen.
Beobachtet Regenauer auch Regenauer?
Sehr wohl. Denn es ist ja doch so: Zeige mir deine Freunde und ich sage dir, wer du bist. „Unter Freunden“ soll eine freundliche Aufforderung zur Bestandsaufnahme sein.
Was unterscheidet das 16. Programm von den früheren?
Es ist eine neue Spielsituation geschaffen. Die schafft neue Sichtweisen.
Interview: Andreas Radlmaier
Nach der Fürther Premiere (9./10. Oktober, je 19.30 Uhr) spielt Regenauer „Unter Freunden“ u.a. am 24.10. in Neunkirchen a.Br. und am 5./6.12. im Dehnberger Hoftheater.
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