Ein Skandal: Wird das Sozialgericht abgeschafft?
Kommunen und Bezirke werfen den Richtern zu klägerfreundliche Entscheidungen vor.
NÜRNBERG Das wäre ein Skandal! Werden die Sozialgerichte in Bayern abgeschafft, weil sie mit ihren Entscheidungen Bedürftige zu großzügig unterstützen? Gestern bestätigte Elisabeth Mette (57), die neue Präsidentin des Bayerischen Landessozialgerichts, beim Antrittsbesuch in Nürnberg, dass es entsprechende Bestrebungen gibt.
Es geht um Mietzuschüsse oder Wohnungswechsel aus Kostengründen, es geht auch um die Anerkennung von Frührenten durch Erwerbsunfähigkeit. Entscheidungen, die die Kommunen viel Geld kosten. So gab Nürnberg 2008 rund 49 Millionen Euro zur Unterstützung von 49.461 sozial Schwachen aus.
Klägerfreundliche, ja „leistungsausweitende“ Rechtsprechung wird den Sozialgerichten vorgeworfen. Deshalb machte jetzt der Verband der Bezirke in den Zeiten finanzschwacher Kassen einen Vorstoß bei der Staatskanzlei. Ihr Vorschlag: die Sozialgerichte mit den Verwaltungsgerichten zusammenzulegen. Zum einen seien die Verwaltungsgerichte, wie in Ansbach, weniger ausgelastet, weil die Zahl der Asylverfahren stark geschrumpft ist. Zum anderen gelten Verwaltungsgerichte als behördennah, was sich auch in ihrer restriktiveren Rechtsprechung auswirke.
„Man kann sich doch nicht einfach einen anderen Richter aussuchen, wenn einem der eine nicht passt“, empörte sich Elisabeth Mette. „Das ist ein echter Angriff auf uns. Wir sind doch kein Spielball.“
Der Präsidentin, der ersten Frau in diesem Amt in Bayern, unterstehen sieben Sozialgerichte mit 200 Richterinnen und Richtern. die rund 50.000 Verfahren im Jahr abwickeln. Es sind Entscheidungen aus erster Instanz, die auf Einspruch der Kläger am Landessozialgericht überprüft werden. In Nürnberg (20 Richter) sind derzeit 5785 Klagen anhängig. „Ein Drittel der Fälle sind Erwerbsminderungsklagen, in 25 Prozent der Fälle wird gegen ALG II-Bescheide geklagt“, sagte Peter Ruthe, Präsident des Nürnberger Sozialgerichts.
„90 Prozent der Bevölkerung ist von unseren Entscheidungen betroffen“, stellte Elisabeth Mette fest. Wir müssen unabhängig bleiben.“ 43 Millionen Euro kosten die Sozailgerichte in Bayern. Elf Millionen will man einsparen.cis
- Themen: