"Ein Schritt, der nicht leicht fällt": Brauerei-Neuling aus Bayern muss schon wieder schließen
Tirschenreuth/München - Immer wieder sind zuletzt lange Bier-Traditionen in Bayern zu Ende gegangen: Karmeliter-Bräu aus Wunsiedel etwa hat im vergangenen Jahr nach 670 Jahren zugesperrt. Zum 31. Mai wird auch Lang-Bräu aus Wunsiedel aufhören. Nach 170 Jahren Brau-Geschichte.
Nun hat es auch ein junges Start-up der Bier-Branche erwischt. Die Brauerei Kastner aus Erbendorf (Landkreis Tirschenreuth) muss aufhören. Das gab sie bei Instagram bekannt. In der Mitteilung heißt es: "Am 31. Mai schließen wir unsere Brauerei." Und weiter: "Ein Schritt, der nicht leicht fällt."
Immer weniger Leergut kommt zurück
Auch den Grund liefert das junge Unternehmen mit der passenden Adresse "Bräugasse" mit: "Wie schon seit längerer Zeit bekannt ist, bekommen wir immer weniger Leergut zurück und müssen stetig nachinvestieren. Dazu kommen immer weiter steigende Energie- und Rohstoffkosten."
Versucht man die angegebene Telefonnummer, die "Bierleitung", in der vergangenen Woche anzurufen, bleibt die Leitung tot.
Walter König vom Bayerischen Brauerbund weiß, dass es sich bei der Brauerei um ein junges Start-up handelt und dieses erst 2019 gegründet wurde.
Experte über Craft-Beer-Welle: "Schwerer Stand"
Er sagt zur AZ: "Es ist momentan sehr schwer für neue Brauereien, die sich im Zuge der Craft-Beer-Welle gegründet haben." Zur Erinnerung: Corona brachte ab 2020 das gemeinsame Biertrinken und die Gastro für längere Zeit zum Stillstand. "Sie haben einen schweren Stand gehabt", sagt König.

Dazu kommt: "Die Craft-Beer-Welle ist etwas abgeflaut. Sie ist nicht weg, aber der Hype ist abgeflaut." Ihm tue es sehr leid, wenn solcher Brau-Nachwuchs aufgeben müsse. König sagt: "Das sind genau die Leute, die wir eigentlich in der Brauwirtschaft brauchen: Sie brennen für handwerklich hergestelltes Bier, für hohe Qualität."
Das seien "Überzeugungstäter", sagt er, und meint damit "absolute Bierliebhaber", die sogar noch den Schritt weitergehen und selbst gebrautes Bier anböten. "So entsteht Vielfalt, so entsteht eine Leidenschaft für Bier."
Das Problem hat nichts mit Pfand-Tourismus zu tun
Trotz allem ist nun Schluss für Kastner. König ist es wichtig zu unterscheiden, dass die dortige Leergut-Lage nichts mit der allgemeinen "Pfandtouristik"-Problematik zu tun hat. Diese erklärt er so: "Sie können einen Kasten mit allgemeingültigen Flaschen, die sich nur durch das Etikett von einer anderen Brauerei unterscheiden, auch in Österreich zu einem höheren Pfandsatz abgeben."

Beim Kastner-Bier handelt es sich ihm zufolge aber um sehr individuelle Bügelverschluss-Flaschen, die auf dem Bügelkopf das Brauerei-Logo als Branding haben. "Eine individuelle Flasche, auf der der Brauerei-Name verankert ist, können Sie nirgends anders abgeben", so König. Wohin das ganze Leergut in Erbendorf verschwindet, vermag er auch nicht zu sagen. Nach Österreich jedenfalls wandern die Flaschen nicht.
Das sind weitere Probleme der Branche
König sagt: "Das tut mir sehr leid, dass so ein Start-up aufgrund der aktuellen Marktverhältnisse und der Kosten, die alle Brauereien ganz stark drücken, aufhören muss. Die Bierpreise in Bayern und Deutschland sind sehr niedrig und die Kosten steigen zu sehr", fasst er den allgemeinen Druck in der Branche zusammen.
Dazu komme, dass das Flaschenpfand in Deutschland grundsätzlich sehr gering sei, die Wiederbeschaffung für jede fehlende Flasche sei demnach höher als das übliche Pfand. "Wenn man als kleines Unternehmen permanent neue Flaschen kaufen muss, rechnet es sich nicht."
Hätte ihn eine Pfand-Erhöhung retten können?
König hätte einen Vorschlag als Leergut-Lösung in dem speziellen Fall: "Er hätte bei einer Individualflasche die Möglichkeit gehabt – oder hat sie immer noch –, dass er ein höheres Pfand als das für Poolflaschen ansetzt. Das ist ihm freigestellt."
Da die Brauerei sehr regional aufgestellt sei, glaubt König, dass die Kunden das auch verstanden hätten. Bisher kennt der Geschäftsführer des Brauerbundes kein Brau-Start-up, das schon wieder aufhören musste. "Es würde mich aber nicht wundern, wenn der ein oder andere noch dazukommt."
Die Brauerei Kastner schließt ihre Instagram-Mitteilung mit einem Hoffnungsschimmer: "Auch wenn es gerade ganz schön schwerfällt, sag niemals nie, vielleicht kommen wir ja eines Tages wieder."
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