Ein lauter Knall, ein Rollen und Grollen
Erdbeben erschüttert Oberfranken! Der Boden schwankte, Gläser klirrten im Schrank: Eine Hexenküche aus Magma und Gas brodelt im Egergraben.
HOF Ein lauter Knall. Ein Rollen. Ein Grollen. Gläserklirren. Die Erde schwankte! Verschreckte Menschen aus der Region Hof und Selb berichteten aufgelöst der Hofer Polizei über die unheimlichen Erlebnisse in der Nacht zum Freitag. Es war ein Erdbeben, das Oberfranken heimsuchte. Eine Magmablase, der Egergraben und Gas – eine Hexenküche, die jetzt bedrohlich gebrodelt hat. Die Richterskala zeigte eine Stärke zwischen 3,7 und 4,1 an.
Dieses Beben bezeichnen Experten als „Schwarmbeben“ – und das fasziniert die Seismologen und Geophysiker des Geophysikalischen Observatoriums in Fürstenfeldbruck. Sie haben in Bayern 21 Seismometer installiert, einen auch in Vielitz bei Selb. Der schlug am 5. Oktober erstmals aus, den Höhepunkt der Beben verzeichnete er Donnerstagnacht bis Freitagfrüh.
„Das Epizentrum“, erklärt Seismologe Dr. Joachim Wassermann, „lag 15 Kilometer hinter der tschechischen Grenze bei Novy Kostel.“ Ein Gewitter von Erdbeben – der Schwarm – ging von hier aus. „Das ist außergewöhnlich: Es ist kein Hauptbeben mit Nachbeben, wir registrierten viele gleichartige Stöße in einem engen Zeitfenster auf engem Raum – solche Gebiete gibt es nicht oft in Bayern.“
Größtes Beben seit 15 Jahren
In Oberfranken sorgt diese Umgebung dafür: Von Süden her drücken die Alpen auf die Erdplatte, dazu kommt der Egergraben unter dem Vogtland, dort dehnt sich die Erde. „Darunter vermuten Wissenschaftler heiße Quellen im Erdmantel“, die für die Thermalbäder Karlsbad, Marienbad und Sophienbad durchaus positive Aspekte besitzen.
Doch dazu kommt noch eine Komponente: Gas. Die Wärme des Magmas treibt Flüssigkeiten und Gas stoßweise nach oben, „etwa wie in einer Flasche Sprudel“, so Wassermann. Erdplatten stoßen im Vogtland aneinander, die Flüssigkeit „schmiert“ die Enden – deshalb kann sich die Spannung der Erdplatten entladen.
Dass die Erdstöße einmal stärker werden, möchte Wassermann nicht ausschließen – „aber es ist unwahrscheinlich, da die Spannungen dort nicht so stark sind“.
Es ist das größte Beben seit 15 Jahren in Oberfranken. „Es gibt immer wieder viele kleinere, doch die spüren die Menschen nicht“, so Wassermann. Der Erdbeben-Experte hat selbst schon erlebt, wie sich Beben anfühlen. Nach dem großen Erdbeben in Indonesien im August 2007 forschte der Wissenschaftler vor Ort, als ihn ein Beben der Stärke 5 überraschte. „Das war erschreckend.“ Beim Selber Beben ist er fasziniert – und ein wenig enttäuscht: „Wir hätten die Möglichkeit, mit Infraschallmikrofonen die Geräusche aufzuzeichnen. Doch können wir das Phänomen leider nicht untersuchen – die Geräte dazu hängen nach einem anderen Einsatz noch beim Zoll fest.“
Wassermann bittet die, die das Beben gefühlt haben, ihre Erlebnisse unter www.erdbeben-in-bayern.de - „Erdbeben gespürt?" einzutragen. sw
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