"Du wirst die da droben schon aufmischen"

"Vor Cem Özdemir schreibt ein Trachtler seinen letzten Gruß an den Sepp. Dieses Bild hätte ihm schon gut gefallen." Hier verabschiedet sich Bayerns Grünen-Chefin Theresa Schopper von ihrem Weggefährten Sepp Daxenberger.
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Theresa Schopper (l.) mit der Grünen-Bundesvorsitzenden, Claudia Roth, am Samstag bei der Trauerfeier für Sepp Daxenberger.
dpa Theresa Schopper (l.) mit der Grünen-Bundesvorsitzenden, Claudia Roth, am Samstag bei der Trauerfeier für Sepp Daxenberger.

"Vor Cem Özdemir schreibt ein Trachtler seinen letzten Gruß an den Sepp. Dieses Bild hätte ihm schon gut gefallen." Hier verabschiedet sich Bayerns Grünen-Chefin Theresa Schopper von ihrem Weggefährten Sepp Daxenberger.

Waging – ein Dorf, als hätte der Herrgott sich besondere Mühe gegeben. Doch leider ist es dieses Mal nicht das Ziel, um auszuspannen oder Urlaub zu machen, oder wie in meinem Fall oft zuvor, bei politischen Veranstaltungen oder einfach auf Besuch auf dem Hof vom Sepp zu sein.

Heute ist es ein schwerer Weg. Die Waginger, viele Grüne, viel politische Prominenz aus allen Parteien sind heute gekommen, um mit der Familien Daxenberger den letzten Gang zu gehen.

Schon in den Gassen trifft man viele Bekannte, Weggefährten und Freunde, mit Tränen in den Augen, hält still inne, umarmt sich.

Eine lange Schlange steht vor dem Kondolenzbuch. Vor Cem Özdemir schreibt ein Trachtler seinen letzten Gruß an den Sepp. Dieses Bild hätte ihm schon gut gefallen, es steht sinnbildlich für den Bogen, den Sepp Daxenberger zu Lebzeiten zu spannen vermochte. Früh sitzen die Leute in der Kirche, nicht nur um einen Platz zu bekommen, sondern um still auf die letzte gemeinsame Stunde zu warten, in Gedanken das gemeinsam Erlebte in Erinnerung zu rufen, nochmal über seinen Humor zu schmunzeln…

Die Fahnenträger ziehen ein, der Platz reicht kaum aus: Wie verwurzelt, wie breit die Anerkennung, die Wertschätzung reicht, wie sehr Sepp dem Waginger Vereinsleben fehlen wird, man kann es an den stolzen Fahnen sehen.

Beim Gottesdienst kullern viele Tränen. Die Fragen: Warum lässt der Herrgott zu, dass ein Baumstamm von einem Mann an einem derart tückischen Krebsleiden erkrankt? Warum hat Gertraud den Brustkrebs schon fast besiegt, und dann kehrt dieser doch mit voller Wucht nach wenigen Monaten zurück. Warum wird innerhalb von drei Tagen den Kindern die Mutter und der Vater genommen; anderen der Sohn, die Tochter, die Schwester, der Bruder.

Prälat Wolf kann die Frage auch nicht beantworten, dennoch fand ich seine Worte, welches Paradies auf Gertraud und Sepp wartet, tröstlich. Wenigstens jetzt, schießt es mir durch den Kopf, haben sie einen gemeinsamen Weg, und wenn’s denn so ist, viel Zeit, die zu Lebzeiten meist gefehlt hat.

Überhaupt, was man immer alles für wichtig hält, was man aufschiebt, auf später vertröstet. Das „Carpe diem“ ist ein Nutze den Augenblick der Hektik und Verdichtung. In der Waginger Kirche nimmt man sich vor, „Carpe diem“ künftig mehr mit Nutze und Genieße den Tag zu verbinden, mit den Menschen, die einem wichtig sind.

Die Reden zeichnen Stationen von Sepps Lebens nach, spiegeln die Wertschätzung und Bewunderung. Sie lassen für jeden in der Kirche nachspüren, für welche Ziele, Ideale und vor allem konkrete Projekte Sepp gekämpft, gestritten und vor allem überzeugt hat. Und immer wieder klingt durch: Sepp hat die Menschen mitgenommen, ob beim Goaßlschnolzn oder beim Pakt gegen die Gentechnik, ob bei der Maiandacht oder dem grünen Bierzelt.

Der Weg zum Friedhof sind die Schritte zum endlichen Abschied. Dein Bild am Sarg, lächelnd sagst du uns Servus, meine Sonnenblumen und viele andere mehr mögen dir in den Himmel strahlen.

Du wirst ein wunderbarer Engel – und wenn der Himmel einer wie beim Brandner Kaspar sein wird, dann wirst du die da droben ganz schön aufmischen und doch alle fünfe gerade sein lassen.

Danke dir und mach’s gut.

Theresa Schopper

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