Drogen-Tod auf Rezept: Junkies sterben an Krebsmittel!

Gefährlicher Trend: Der Schmerz-Killer „Fentanyl“ wird immer häufiger missbraucht. Es wirkt 100 mal stärker als Morphium.
von  Abendzeitung

Gefährlicher Trend: Der Schmerz-Killer „Fentanyl“ wird immer häufiger missbraucht. Es wirkt 100 mal stärker als Morphium.

NÜRNBERG Für krebskranke Menschen, die an extrem starken Schmerzen leiden, ist „Fentanyl“ oft der letzte Ausweg. Den synthetischen Schmerz-Killer, der 100 mal stärker als Morphium wirkt, haben aber auch Frankens Drogenkonsumenten inzwischen für sich entdeckt. Sucht-Experten warnen jedoch vor dem tödlichen Risiko, das der Gebrauch mit sich bringt.

Chronische Schmerzen, die ein normales Leben unmöglich machen, werden mit „Fentanyl“-Pflastern bekämpft. Sie werden auf die Haupt geklebt und geben den Wirkstoff langsam ab. Konsumenten von harten Drogen wie Heroin bevorzugen manchmal auch eine andere Methode. „Die Pflaster werden aufgeschnitten und dann ausgekocht, um an das Fentanyl heranzukommen. Dann wird es von Junkies mit Ascorbinsäure aufgelöst und injiziert“, schildert ein Ermittler den neuen und gefährlichen Trend.

Ein junger Mann (19) aus dem Kreis Nürnberger Land ist das jüngste Opfer dieses Schmerzmittel-Missbrauchs. Den Ermittlungen der Behörden zufolge hatte er sich gleichzeitig fünf „Fentanyl“-Pflaster auf die nackte Haut geklebt. Es war sein Todesurteil.

Der bis dahin nie als Drogenkonsument in Erscheinung getretene Mann ist nicht der Einzige, der den Gebrauch des Medikaments mit dem Leben bezahlen musste. Nach AZ-Informationen starb daran wenige Wochen vorher bereits ein weiterer Drogenkonsument aus der Gegend von Nürnberg. Und in Kulmbach setzte sich in der vergangenen Woche eine vierfache Mutter (30) mit dem Schmerzmittel den „goldenen Schuss“.

Grauer Markt in Krankenhäusern?

„Wir kennen das Problem mit diesem Medikament “, erklärte Rainer Seebauer vom Nürnberger Polizeipräsidium. Wie die Drogenkonsumenten an das verschreibungspflichtige Mittel gelangen, lässt sich nur vermuten. Ein Ermittler: „In Krankenhäusern und Pflegeheimen wird es in relativ großen Megen eingesetzt. Es ist gut möglich, dass sich von dort ein grauer Markt entwickelt hat.“ Legal ist „Fentanyl“ nämlich nur schwer zu bekommen. Es zählt zu den Betäubungsmitteln und kann nur unter strengen Voraussetzungen verschrieben werden.

Es geht aber auch anders: Vor gut einem Jahr, im Oktober 2007, wurde ein Chemielaborant aus der Gegend von Darmstadt (Hessen) ermittelt, der die Droge in einem illegalen Labor in seinem Haus hergestellt hatte. Einer seiner Abnehmer starb nach dem Konsum von „Fentanyl“ und Alkohol an Atemstillstand.

Erstmals geriet der Missbrauch des Schmerzmittels durch Drogenkonsumenten im April und Mai 2006 in den USA ins Visier der Behörden, als eine extreme Häufung von Vergiftungen auftraten. Das CDC, eine dem US-Gesundheitsministerium angegliederte Behörde, sprach in einem Untersuchungsbericht von 1000 Toten zwischen 2005 und 2007.

Wegen seines hohen Wirkungsgrades interessierte sich auch das Militär für „Fentanyl“ als chemischen Kampfstoff. Das Medikament soll 2002 in Form von Gas bei der Geiselbefreiung im Moskauer Dubrowka-Theater eingesetzt worden sein. Tschetschenische Terroristen hatten damals hunderte Besucher in ihre Gewalt gebracht. 127 von ihnen starben bei der MilitärAktion, bei der ein weiterentwickeltes „Fentanyl“-Devirat verwendet worden sein soll.

Helmut Reister

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.