Drogen-Skandal um Münchner Polizisten könnte sich ausweiten

Im Februar machte das LKA Ermittlungen gegen Münchner Polizisten öffentlich, die in Drogengeschäfte verwickelt sein sollen. Jetzt wird bekannt: Die Beamten nutzten das Kokain womöglich nicht nur selbst.
von  dpa

München (dpa/lby) - Mutmaßlicher Rabatt auf Kokain für Polizisten - und ein weitergehender Verdacht: Der Drogen-Skandal um Münchner Polizeibeamte weitet sich womöglich aus. Nach Angaben eines Ermittlers des Landeskriminalamtes (LKA) sollen die Polizisten nicht nur Drogen gekauft und konsumiert zu haben. Sie stehen auch unter Verdacht, Kokain weitergegeben zu haben. Zudem soll es für sie Rabatt auf Drogen gegeben haben. Ein festgenommener Drogenhändler habe ausgesagt, "dass Polizisten in München Kokain konsumieren, verkaufen, ankaufen", sagte der LKA-Beamte am Dienstag vor dem Amtsgericht.

Acht Polizisten aus dem Zuständigkeitsbereich des Münchner Präsidiums wurden vom Dienst suspendiert, weil sie Verbindungen in die Drogenszene gehabt haben sollen. Nach LKA-Angaben gibt es zum Beispiel Chatverläufe, die diesen Verdacht erhärten. Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt nach Angaben einer Sprecherin bislang wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz - und nicht wegen des Verdachts auf Drogenhandel.

Der Drogenhändler hatte die Ermittlungen gegen die Beamten ins Rollen gebracht, als er nach seiner Festnahme gegen Komplizen auspackte - und eben auch gegen die Polizisten. Den Angaben des Dealers zufolge könnten sogar bis zu 20 Beamte in den Skandal verwickelt sein, sagte der LKA-Beamte. "In einer Großstadt ist das nicht auszuschließen."

Der LKA-Fahnder sagte am Dienstag in einem Prozess gegen einen anderen mutmaßlichen Komplizen des geständigen Drogenhändlers aus, der ein gut betuchtes Klientel vor allem in einem exklusiven Privatclub mit Drogen versorgt haben soll.

Auch der Leiter der sogenannten Arbeitsgruppe Nachtleben des Münchner Polizeipräsidiums war als Zeuge geladen. Er sagte, der Kronzeuge, der die Ermittlungen ins Rollen brachte, soll Polizisten mit günstigem Kokain versorgt haben. Es habe "einen speziellen Rabatt" für Polizeibeamte gegeben. Der Dealer habe damit geprahlt, "Polizisten zu kennen, die ihn schützen". Der Drogenfahnder sagte: "Wenn Kollegen ins Spiel kommen, wird es immer unangenehm. Aber ich bin bei Rauschgift mit einer Null-Toleranz gesegnet - auch bei Kollegen."

Bislang habe sich der Großteil der beschuldigten Beamten nicht zu den Vorwürfen geäußert, sagte der LKA-Ermittler am Dienstag vor Gericht. Der Anwalt des Angeklagten wies allerdings darauf hin, dass einer der beschuldigten Polizisten die Vorwürfe entschieden bestritten habe.

Die Ermittlungen gegen die verdächtigen Polizisten laufen nach Angaben von LKA und Staatsanwaltschaft noch. Ob und wann es da zu einer Anklage oder einem Prozess kommen wird, ist noch völlig unklar.

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