Drei Buchstaben für die Popkultur

Jubiläum: 25 Jahre Nürnberger Musikförderung durch die MUZ – ein Erfolgsmodell zwischen Verein und Subkultur, Wahn und Wirklichkeit
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Kein seltenes Bild: großer Andrang vor dem Eingang des MUZ-Club.
az Kein seltenes Bild: großer Andrang vor dem Eingang des MUZ-Club.

NÜRNBERG - Jubiläum: 25 Jahre Nürnberger Musikförderung durch die MUZ – ein Erfolgsmodell zwischen Verein und Subkultur, Wahn und Wirklichkeit

Ganz schön verzwickt: Sub- und Popkultur können nur leben, wenn sie frei sind, von Institutionen, Vereinen. Andererseits können sie ohne Institutionen und Hilfe nicht leben — sie, die größtenteils befeuert werden von Leidenschaft und Wahn, bleiben oft unrentabel. Anders: Einem Musiker ist der Gedanke suspekt, in einem „Referat“ beheimatet zu sein. Ein Vereinsmeier zu werden ist ihm geradezu unheimlich. Und trotzdem: Sie hat geklappt, die institutionalisierte Vereinsmeierei. Jedenfalls in Nürnberg, mit der Musikzentrale, den drei Buchstaben für die Popkultur: MUZ.

Heute feiert die Pop-Institution ein Doppel-Jubiläum: das 25-jährige Bestehen des Vereins sowie das dreijährige des MUZ-Clubs, des vereinseigenen Veranstaltungsortes mit weitreichender Strahlkraft. Zeit also Bilanz zu ziehen von 25 Jahren Pop-Förderung in Nürnberg, dessen Szene und dem Einfluss der MUZ. Zunächst kann man einen unverändert stiefmütterlichen Bezug der Politik zur Popkultur attestieren: Die MUZ ist immer noch dem Sozial-und Jugendreferat zugeordnet. Nicht der Kultur. Das hat sich in 25 Jahren nicht geändert (und ist heute, angesichts des reflexartigen Kultur-Sparens in Zeiten der Krise vielleicht sogar ein Vorteil) – fast alles andere schon.

Ziel bei der Gründung des zunächst siebenköpfigen „Vereins zur Förderung progressiver Musik“ 1984 war das „Musikhaus“ — die Utopie eines Ortes, in dem sich alles um die Musik dreht, erzählt Rick Roth, Gründungsmitglied und jahrelang Vorstand. „Wir wollten eine Bühne, Proberäume, ein Tonstudio, vielleicht Labels, einen Vertrieb und Booker“, sagt Roth. Also alles, was die junge Musikszene einer Stadt an Infrastruktur braucht. Man fing an mit Newcomer-Wettbewerben, dann folgten Musikwochen, Musikmessen, Demos für Proberäume. Die MUZ und ihre Bedeutung wuchs.

Und heute? Der 25 Jahre alte Traum ist wahr geworden: Seit drei Jahren gibt es den MUZ-Club mitten in Gostenhof als eines der Zentralgestirne der Nürnberger Popkultur. Der Verein verfügt über ein eigenes Tonstudio, einen Konzerttechnik-Verleih, einen Tourbus, veranstaltet etliche Workshops – für mittlerweile über 300 Mitglieder. Und: alle anderen. Die profitieren auch von den Büroräumen in der MUZ. Von hier aus werden eifrig Netzwerke gepflegt, die Auftrittsmöglichkeiten für Bands verheißen und gleichzeitig die Stadt beleben. So sind Konstate zum Brückenfestival, dem Klüpfel-Open-Air, dem Bardentreffen oder dem Südstadtfest entstanden. Das beherrschende Prinzip laut Steffen Zimmermann ist: „Jeder kann mitmachen. Es geht uns um Eigeninitiative.“

Und nicht um Vereinsmeierei oder Erstarrung als Institution. Das ist und war, natürlich, ein Balanceakt zwischen Wahn und Wirklichkeit in dem dynamischsten Feld der Welt: der Popkultur. Die einzige Konstante ist die permanente Nachfrage nach Proberäumen, dem unentbehrlichen Kern der Szene. „Drei bis fünf Anfragen kriegen wir pro Woche rein“, erzählt Steffen Zimmermann. Immerhin: 60 davon hat die MUZ mittlerweile, 37 neue sollen bald bei Erlangen dazukommen. Bleibt die Frage: Wie geht’s weiter, mit dem Verein der Vereinsverweigerer? Steffen Zimmermann schmunzelt. Vor einem Jahr sagte er zur AZ, dass 2009 nach vielem Erreichten der Status Quo erhalten werden sollte. „Daraus wurde aber nichts. Es kam schon wieder so viel Neues dazu, so dass die Antwort für 2010 lauten muss: Wir wollen in diesem Jahr endlich den Status Quo halten.“ Das Innehalten, lernt man, ist also das verzwickteste. Martin Mai

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