Drama in Fürth: Behindertes Kind fast verhungert!
Der von Geburt an schwerst behinderte Sven (5) wurde massiv unterernährt ins Fürther Klinikum eingeliefert. Am Mittwoch erging Haftbefehl gegen Mutter Sandra R. (29). In der AZ spricht ihr Freund
FÜRTH Sven wird in einem halben Jahr fünf Jahre alt – wenn die Ärzte ihn durchbringen. Der von Geburt an schwerst behinderte Junge wurde am Dienstagvormittag ins Fürther Klinikum eingeliefert – schwer unterernährt. Er schwebt in Lebensgefahr!
Seine Mutter Sandra R. (29) hatte den Notarzt gerufen, als Sven von Durchfall gequält wurde. Der Arzt warf einen Blick auf den Jungen: Er wog nur noch acht Kilogramm, hatte Entzündungen und Druckstellen. Er ließ das Kind sofort in die Klinik bringen und rief die Polizei. Die Mutter kam in Haft. Ihr Lebensgefährte Marc P. (31) nicht. Reiht sich Svens Schicksal in die furchtbaren Kindesmisshandlungs-Fälle der letzten Zeit ein – oder ist es eine Tragödie?
Erst seit dem Frühjahr lebt Sandra R. in Fürth. Das Jugendamt hörte am Dienstag zum ersten Mal von Sven. Vize-Chef Peter Modschiedler: „Die Frau hat in einem anderen Bundesland die Situation als Mutter eines schwerstbehinderten Kindes verantwortungsbewusst und zuverlässig gemeistert. Ihr stand auch ein entlastender Dienst zur Seite.“
Beschwerden gab es keine – die Frau kümmerte sich um den körperlich und geistig zurückgebliebenen Jungen. Sven kann nicht sitzen, nicht laufen, nicht selbständig essen. Er ist auch zu kaum einer Kommunikation fähig, muss über eine Sonde ernährt werden. Spastische Lähmung und Epilepsie fesseln ihn ans Bett, er braucht rund um die Uhr Betreuung.
„Seit ich Sven kenne, ist das Kind mager“
Vor einiger Zeit lernte Sandra R. den damaligen Computerspezialisten Marc P. aus Fürth kennen. Nach einem Urlaub im August 2009 stand fest: Wir drei ziehen zusammen, was im Frühjahr geschah. Marc P.: „Seit ich Sven kenne, ist das Kind mager.“ Er selbst hatte mit der Pflege nichts zu tun. Wickeln, waschen, die Magensonde füllen – es war Sandras Job. „Ich hatte sehr wenig Berührungspunkte.“
Wenn Not am Mann war, sei er eingesprungen. „Es ist für mich schwierig: Mit Sven ist keine Kommunikation möglich, Sandra aber kann zumindest seine Schreie und Laute deuten.“ Was sich Montag und Dienstag abspielte, sei für ihn „nicht wahrnehmbar“ gewesen. So schildert es der 31-Jährige: „Sandra fiel nicht auf, dass die Magensonde nicht mehr richtig funktionierte. Dazu kam dann der Durchfall. Sie rief den Notarzt.“ Da blieb auch Marc P. nicht verborgen, dass Sven nun „eingefallen“ und „sehr mager“ war. Aber er betont: „Sven wurde nicht über Wochen hinweg misshandelt oder vernachlässigt. Aber auch ich habe durch die fehlende Aufmerksamkeit Schuld. Das ist ein unverzeihlicher Fehler.“
Die Polizei allerdings geht von einem „Zeitraum von mehreren Wochen“ aus, in dem Sven „massiv vernachlässigt“ wurde. Auch Jugendamts-Vize Peter Modschiedler sagt: „Der Junge hatte mehrere Entzündungen, war wund gelegen, nicht richtig versorgt.“ Dass Svens Leben auch im Mietshaus in der Fürther Amalienstraße beinahe unerkannt blieb, ist für ihn logisch: „Das Kind spielte ja nie draußen.“ Schreie eines misshandelten Kindes hatte niemand gehört oder gemeldet. „Da beim vorherigen Wohnort keine Probleme auftauchten, wurden wir als Amt natürlich auch nicht informiert.“
Nach dem Umzug wollte sich Sandra R. ummelden, dann ihren Sohn bei der Lebenshilfe anmelden. Marc P.: „Im Stress nach dem Umzug ist das nach hinten gerutscht. Wenn ich gewusst hätte, was passiert, hätte ich darauf gedrängt, dass sich Sandra schnell Hilfe holt. Aber sie hat bis dahin Svens Pflege sehr gut gemacht.“ Einem Arzt in Fürth sei Sven noch nicht vorgestellt worden. Er habe auch keine spezielle Nahrung gebraucht. Marc P.: „Sven bekam Babybrei, durch die Sonde.“
Susanne Will
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