Dirigent vor Gericht: Küsse ja, Gewalt nein?

"Ich erinnere mich nicht, dass sie 'nein' gesagt hat". Der ehemalige Würzburger Generalmusikdirektor Jin Wang steht wegen sexueller Nötigung einer Studentin vor Gericht. Doch der 50-Jährige bestreitet die Vorwürfe.
von  Abendzeitung
Generalmusikdirektor Jin Wang
Generalmusikdirektor Jin Wang © dapd

WÜRZBURG - "Ich erinnere mich nicht, dass sie 'nein' gesagt hat". Der ehemalige Würzburger Generalmusikdirektor Jin Wang steht wegen sexueller Nötigung einer Studentin vor Gericht. Doch der 50-Jährige bestreitet die Vorwürfe.

Der ehemalige Würzburger Generalmusikdirektor Jin Wang hat vor Gericht dem Vorwurf widersprochen, eine junge Studentin sexuell genötigt zu haben. Zum Prozessauftakt gab der 50- Jährige an, es seien einvernehmlich Zärtlichkeiten ausgetauscht worden. „Wir haben ein bisschen geküsst, ein bisschen mehr geküsst. Wir haben uns gestreichelt“, sagte Wang am Dienstag vor dem Landgericht Würzburg. „Ich erinnere mich nicht, dass sie "nein" gesagt hat.“

Oberstaatsanwalt Boris Raufeisen wirft dem Dirigenten vor, am 20. Mai 2007 die damals 21-Jährige in einem Treppenhaus unsittlich berührt zu haben. „Dem Angeklagten war bewusst, dass sie keinerlei sexuelle Handlung mit ihm wollte“, sagte Raufeisen. Dennoch habe der gebürtige Chinese der Studentin gewaltsam T-Shirt und Rock hochgeschoben und sich an ihr vergriffen.

„Ich habe sie nicht ausgezogen. Warum sollte ich?“, entgegnete Wang. Die heftigen Zungenküsse und Streicheleien seien beiden sehr peinlich gewesen. „Ich bin weggelaufen.“ Gewalttätig will der verheiratete Familienvater nicht gewesen sein. Mehrmals hätten sie sich nach dem 20. Mai noch getroffen, bis die Musikstudentin plötzlich die Freundschaft beendet habe.

Wang schilderte mehr als dreieinhalb Stunden lang seine Beziehung zu der mittlerweile 25-Jährigen, die er zig Mal zum Essen ausführte und der er Parfüm kaufte. Im Frühjahr 2007 hatten sich beide in der Würzburger Innenstadt kennengelernt. Die junge Geigerin kannte ihn von Konzerten. „Sie hatte ein kindliches Lachen“, erzählte der 50-Jährige. „Ich mochte diese Person sehr.“

Wang, seit Jahren österreichischer Staatsbürger, arbeitete seit 2006 am städtischen Theater. 2008 dann der Paukenschlag: Wegen ständiger Differenzen mit dem Theaterorchester kündigte die Stadt ihrem Generalmusikdirektor fristlos.

Zu dieser Zeit liefen bereits die Ermittlungen wegen versuchter sexueller Nötigung. Die Staatsanwaltschaft bot Wang an, den Fall gegen die Zahlung von 5000 Euro zu den Akten zu legen. Doch diesen sogenannten Täter-Opfer-Ausgleich lehnte der Dirigent ab.

Gegen die fristlose Entlassung klagte er, das Arbeitsverhältnis wurde einvernehmlich beendet. Der ehemalige Schüler des bekannten Komponisten Leonard Bernstein erhielt 105 000 Euro Abfindung. Seitdem hat der Dirigent keinen festen Job mehr bekommen. Wang macht dafür vor allem den Prozess verantwortlich. Sein Name sei „verbrannt“.

Der Prozess soll am Mittwoch und Donnerstag fortgesetzt werden. Das Opfer sollte noch am Dienstagnachmittag aussagen, möglicherweise unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

dpa

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