Dieser Vater hat seine Tochter wegen der verdammten „Ehre“ getötet!

Davon ist der Staatsanwalt überzeugt. Der Angeklagte behauptet, er habe Büsra mit einem Einbrecher verwechselt
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Den Kopf gesenkt, die Hände gefesselt: Mehmet Ö. muss sich nun vor dem Schweinfurter Landgericht verantworten.
dpa Den Kopf gesenkt, die Hände gefesselt: Mehmet Ö. muss sich nun vor dem Schweinfurter Landgericht verantworten.

Davon ist der Staatsanwalt überzeugt. Der Angeklagte behauptet, er habe Büsra mit einem Einbrecher verwechselt

SCHWEINFURT Die Brutalität des Verbrechens an der jungen Türkin Büsra aus Schweinfurt ist kaum vorstellbar! 68 Mal soll der eigene Vater mit einem 30 Zentimeter langen Fleischmesser auf die Jugendliche eingestochen haben. Blutüberströmt wird die 15-Jährige in der Tatnacht im vergangenen 2009 auf dem Sofa ihrer Oma gefunden. Der Killer verschwindet. Er sagt später bei seiner Festnahme, seine Tochter wollte den „muslimischen Weg“ nicht mitgehen.

Was er damit meinte, erklärt Mehmet Ö. (46) zu Prozessbeginn am Mittwoch vor dem Landgericht Schweinfurt nicht. Vielmehr habe sein Kind in der Tatnacht geschrien. Er habe daher einen Einbrecher vermutet. Dann folgten die Stiche – mehr weiß der Mann nach eigenen Aussagen nicht mehr.

Oberstaatsanwalt Rainer Gündert dagegen ist überzeugt: „Der Angeklagte war mit dem modernen Lebensstil seiner Tochter nicht einverstanden.“ Büsra habe sterben müssen, weil der Vater die „Familienehre“ in Gefahr gesehen habe. In Deutschland werden immer wieder vor allem muslimische Frauen wegen ihres Lebenswandels getötet – man spricht von so genannten Ehrenmorden. Die „Ehrlosen“ werden häufig von Familienmitgliedern getötet, die sich zu Wächtern der Sittlichkeit berufen fühlen.

In giftgrüner Jacke erschien Mehmet Ö. vor Gericht

In giftgrüner Jacke erscheint der Dönerbudenbesitzer mit dem Schnurrbart vor der Kammer. Immer wieder hält er schützend eine Mappe vor sein Gesicht. Er spricht nur türkisch, ein Dolmetscher übersetzt. Der Kaufmann lebt seit 1991 in Deutschland. Er erzählt von seinem strengen Vater und Depressionen. Am Tattag sei er verwirrt gewesen.

Das älteste seiner drei Kinder, Büsra, will er verwöhnt haben. Auch Laptop und Handy habe er ihr geschenkt. „Hat Büsra Ihrer Meinung nach im Internet zu viel Zeit verbracht?“, fragt die Vorsitzende Richterin Elisabeth Ott. „Ja“, antwortet der Angeklagte. „Haben Sie das Handy der Tochter kontrolliert?“ – „Ja“. Aus Sorge, begründet der Mann diesen Schritt: „Ich hatte Angst um ihre Zukunft, dass sie von Männern ausgenutzt wird.“ Den Freund der Tochter lehnte der Türke ab.

Das Verhältnis zu der 15-Jährigen beschreibt der Mann als schwierig. Büsra sei respektlos, ungeduldig und stur gewesen. Immer wieder seien junge Männer vor dem Mehrfamilienhaus in der Schweinfurter Innenstadt aufgetaucht. Angstgefühle und Traurigkeit will der 46-Jährige oft gespürt haben. Nachts habe er davon geträumt, dass Büsra entführt und ermordet werde. „Ich fühlte mich für das Wohl meiner Familie verantwortlich“, lässt der hagere Mann von seinem Verteidiger erklären.

"Das, was ich getan habe, ist furchtbar."

Nach Ansicht von Oberstaatsanwalt Gündert passte es dem Angeklagten nicht, dass die junge Türkin einen 17 Jahre alten Freund hatte. Auch habe sich der Familienvater darüber geärgert, dass das Mädchen viel telefonierte und chattete. Als die Schülerin am 24. Juni 2009 um 3.25 Uhr auf der Couch ihrer Oma schlief – alle wohnten im selben Haus – erstach der dreifache Vater sein eigenes Kind.

„Das, was ich getan habe, ist furchtbar“, lässt der Angeklagte ausrichten. „Das, was geschehen ist, hat auf keinen Fall etwas mit Familienehre zu tun.“ Vielmehr habe er in der Tatnacht einen Einbrecher vermutet. „Mein Kopf war durcheinander.“ Er hätte ein Geräusch gehört. Dann sei er in die Küche gestürmt, habe das Küchenmesser geschnappt: „Ich habe nach meiner Erinnerung nur fünf Mal zugestochen.“

Der Prozess wird fortgesetzt. Urteil voraussichtlich am 10. März. Angelika Röpcke

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