Dieser Richter ist der Mann für die schwierigen Fälle

Richard Caspar ist Chef des Schwurgerichts. Er hat den schwierigsten Job in der Nürnberger Justiz
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Richard Caspar, Vorsitzender des Schwurgerichts, hat den schwierigsten Job der Justiz.
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Richard Caspar ist Chef des Schwurgerichts. Er hat den schwierigsten Job in der Nürnberger Justiz

NÜRNBERG Mord und Totschlag sind für Richard Caspar ein alltägliches Geschäft. Der sanftmütig wirkende Mann mit dem markanten Oberlippen-Bärtchen ist Vorsitzender des Schwurgerichts. Dort landen all jene, die ein Menschenleben auf dem Gewissen haben. Caspar hat damit den härtesten und schwierigsten Job der Nürnberger Justiz.

Andere Richter des Landgerichts, die für Banküberfälle, Sexualdelikte oder Betrügereien ein gerechtes Urteil finden sollen, haben bei der Strafzumessung einen Spielraum. Eine Vergewaltigung kann mit fünf Jahren Gefängnis geahndet werden – oder mit zehn und noch mehr Jahren Haft. Das hängt von den individuellen Umständen hat.

Für Mord gibt es nur eine Strafe: lebenslang!

Mord dagegen ist Mord. Dafür gibt es nur eine Strafe: lebenslang! Selbst ein umfassendes Geständnis des Angeklagten, das in anderen Fällen als strafmildernd berücksichtigt werden müsste, würde an der im Strafgesetzbuch festgelegten Maximalstrafe nichts ändern. Die einzige Alternative wäre ein Freispruch – hopp oder top also. Das weiß Richter Caspar, das wissen aber auch die auf Strafsachen spezialisierten Anwälte. Peter Doll, einer der renommiertesten Strafverteidiger Nürnbergs, beschrieb die Rolle des Anwalts gegenüber der AZ einmal so: „Es geht einzig und allein darum, ob dem Angeklagten die Tat mit hundertprozentiger Sicherheit nachgewiesen werden kann oder nicht. Sind Zweifel vorhanden, egal wie groß, kann er nicht verurteilt werden. Das ist der elementare Grundsatz unserer Rechtssprechung.“

Diesen Maßstab muss Richard Caspar ab dem kommenden Freitag wieder einmal anlegen. Dann steht Denise R. (27) vor ihm. Die junge Frau aus Erlangen soll im Juni 2008 ihre Freundin Jessica P. (26) erstochen haben. Für den Vorsitzenden des Schwurgerichts ist die Ausgangslage klar: Polizei und Staatsanwaltschaft halten Denise für Jessicas Mörderin, die Verdächtige selbst streitet die Tat ganz entschieden ab. Nur Indizien müssen entscheiden.

Jedes Detail muss Caspar unter die Lupe nehmen

Die Terminplanung der Richter lässt oftmals einen Rückschluss auf den Schwierigkeitsgrad des jeweiligen Falles zu. Eindeutige Mordfälle sind meistens in zwei oder drei Tagen prozesstechnisch erledigt. Im Mordfall „Jessica“ sieht dies ganz anders aus. Schon jetzt hat Caspar 16 Verhandlungstage fest eingeplant. Um am Ende sicher zu gehen, muss Caspar jedes noch so kleine Detail unter die Lupe nehmen. Das kostet Mühen und Zeit.

Emotionen darf sich Caspar bei der Bewertung der Schuldfrage nicht leisten. Als er vor wenigen Wochen den Gärtner Peter S. (45) vom Vorwurf des Mordes freisprach, erntete er Buh-Rufe aus dem Sitzungssaal und eisige Blicke von Angehörigen einer ermordeten Frau (27). Auch in diesem Fall war die Staatsanwaltschaft von der Täterschaft des Angeklagten überzeugt. Auch Caspar zog dies in Erwägung, doch ihm reichten nach endlosen Verhandlungstagen die Beweise einfach nicht aus. Anders bei Stefan E. (25). Obwohl auch gegen ihn nur Indizien sprachen, wurde er vor kurzem wegen Mordes an einer Bäuerin (51) von Caspar lebenslang in den Knast geschickt. Helmut Reister

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