Diese Nürnberger wollen Strahlenopfer aus Japan bei sich aufnehmen
NÜRNBERG Die Katastrophe von Japan lässt niemanden kalt. Erst das Beben, dann der Tsunami, nun die Nuklear-Katastrophe. Viele Japaner wollen ihre Heimat verlassen, nur – wohin sollen sie flüchten? „Spenden alleine genügt nicht“, dachte sich Cheryl Martinez aus Köln. Sie gründete den Verein „Open your heart open your home“, öffne dein Herz, öffne dein Zuhause und suchte für Japaner Unterbringungsmöglichkeiten in Deutschland. Der Verein war erst 36 Stunden alt – und hatte schon 140 Zusagen. Darunter auch Nicole Musiol (27) und Tim Fürst (28), ein Paar aus Nürnberg. Sie wollen ihr Wohnzimmer für einen Flüchtling räumen.
„Meine Freundin sah einen Bericht im Frühstücksfernsehen. Sie fragte mich, ob wir uns beteiligen wollen – die Antwort war sofort: Ja“, erzählt Tim Fürst. Rasch meldeten sie ihre Wohnung in der Nürnberger Südstadt beim Verein an. „Wir haben drei Zimmer und räumen dann das Wohnzimmer aus.“ Ihre Gründe, einen Fremden zu beherbergen: „Die Menschen dort sind in existenzieller Not. Da müssen wir einfach helfen.“ Im Bekanntenkreis der Soziologie- und Anglistik-Studentin und des Barkeepers vom „Park Inn“ stieß ihr Plan auf breite Zustimmung. „Einige wollten auch mitmachen, aber sie haben schlichtweg keinen Platz.“
Der Flüchtling könnte ein paar Monate bleiben
Einen Kandidaten haben sie noch keinen, „ich glaube auch, dass das noch dauern wird.“ Das bestätigt Cheryl Martinez: „Bislang ist noch keiner ausgereist.“ In den Startlöchern stehe eine Mutter, die mit ihrer Tochter vor der Nuklear-Katastrophe fliehen will, aber ihr fehle noch der notwendige Reisepass. Die Flugtickets sind sehr teuer, weshalb der Verein auch Spenden sammelt.
„Die Resonanz ist unglaublich“, staunt Vereinsgründerin Cheryl Martinez. „Wir waren mit der Internetadresse www.openyourheartopenyourhome.com 36 Stunden online und hatten schon 2000 Clicks – von Finnland bis Südamerika. 140 Wohn-Angebote sind übrig geblieben, in Deutschland, Österreich, aber auch Hongkong oder Spanien.“
Nicole Musiol und Tim Fürst stellen sich darauf ein, ein paar Monate lang den Flüchtling aus Japan zu beherbergen. „Ich sehe es als eine Art Starthilfe, um ihm die Akklimatisierung so angenehm wie möglich zu machen.“ Dass er seinen Gast zu Behördengängen begleiten oder bei der Suche nach einer Langzeitbleibe helfen wird, ist für ihn selbstverständlich. „Das liegt auch daran, dass wir uns mit Japan verbunden fühlen.“ Auf der Insel selbst waren sie noch nicht. „Aber es war immer unser Traum.“ Jetzt bietet das Paar Menschen von dort ein Zuhause – Menschen, für die Japan zum Albtraum wurde.
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