Diese blinde Frau ertastet, ob Sie Brustkrebs haben!

In Nürnberg wurde jetzt die erste bayerische „Medizinische Tastuntersucherin“ ausgebildet. Andrea Windbichler kann nicht sehen – aber ihre sensiblen Hände spüren kleinste Tumore
NÜRNBERG Andrea Windbichler ist von Geburt an blind. Nur hell und dunkel kann sie unterscheiden. Ihr Handicap hat sie nun zum Beruf gemacht. In einem Pilotprojekt am Nürnberger Bildungszentrum für Blinde und Sehbehinderte (bbs) machte die Erlangerin als erste die Ausbildung zur „Medizinischen Tastuntersucherin“ (MTU) – und kann damit Leben retten.
Der Grund, der dahinter steckt: Blinde Menschen haben einen besseren Tastsinn als Sehende. Und dieser ist bei der Früherkennung von Brustkrebs enorm wichtig. Sogar lebenswichtig, wenn man bedenkt, dass die Krankheit bei Frauen mittleren Alters die häufigste Todesursache ist!
Sogar drei Millimeter kleine Knötchen werden ertastet
Mit ihrer Arbeit unterstützen bundesweit 14 solcher Tastuntersucherinnen die Frauenärzte und ermöglichen so eine gründlichere Untersuchung der Brust. „Im Gegensatz zum Arzt kann ich mir viel länger Zeit nehmen – und jede Brust ganz genau, Zentimeter für Zentimeter, abtasten“, erklärt Windbichler. Je nach Brustgröße dauert so eine Untersuchung zwischen 30 Minuten und einer Stunde.
Dabei erkundigt sich die blinde Helferin zuerst über die Krankengeschichte der Patientinnen. Danach wird abgetastet. „Dabei fühle ich mit meinen Fingern selbst kleinste Veränderungen“, erläutert die 27-Jährige. Klebestreifen auf dem Brustkorb dienen dabei der Orientierung. Durch unterschiedlichen Druck kann Windbichler auch tiefe Gewebezonen erfassen. Sogar drei Millimeter kleine Knötchen kann die sensible Tasterin erkennen. Und genau das ist der Sinn der Sache. Denn je kleiner ein entdeckter Tumor ist, desto besser sind die Heilungs-Chancen. Untersuchungen mit Ultraschall werden erst ab einem Alter von 50 gemacht – oder wenn ein Tastbefund vorliegt. Mit der neuartigen MTU-Methode schließt sich diese Lücke bei der Früherkennung.
Bislang übernehmen nur zwei Krankenkassen die Kosten der Krebsvorsorge: die Betriebskrankenkasse Mobil Oil und die Siemens Betriebskrankenkasse. Alle anderen Versicherten müssen die 20 bis 40 Euro privat bezahlen.
Infos unter Tel. 0911/ 8967-0
Larissa Fleischmann